Kulturelle Vielfalt

Die UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen

Die UNESCO-Generalkonferenz hat am 20. Oktober 2005 das Übereinkommen zur Vielfalt kultureller Ausdrucksformen verabschiedet. Das Übereinkommen schafft eine völkerrechtlich verbindliche Grundlage für das Recht aller Staaten auf eigenständige Kulturpolitik. Die Konvention trat am 18. März 2007 in Kraft.

Vertragsstaaten der 2005er UNESCO-Konvention

Bis 2023 sind der Konvention 152 Staaten und die Europäische Union beigetreten, darunter alle EU-Mitglieds- und fast alle OECD-Staaten sowie zahlreiche Schwellen- und Entwicklungsländer. Deutschland hat das Übereinkommen am 12. März 2007 ratifiziert und leistet einen maßgeblichen Beitrag zur Ausarbeitung der operativen Richtlinien und der Umsetzung des Übereinkommens. Von 2007 bis 2011 sowie 2015 bis 2019 war Deutschland Mitglied des Zwischenstaatlichen Ausschusses.

Übersicht aller Vertragsstaaten auf der Website der UNESCO

Hauptziele der UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen

Die UNESCO Weltberichte Kulturpolitik haben vier zentrale Zielbereiche für das UNESCO-Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen gefasst:

1. Nachhaltige Systeme der Governance im Kulturbereich unterstützen

2. Einen ausgewogenen Austausch an kulturellen Gütern und Dienstleistungen erreichen und die Mobilität von Kunst- und Kulturschaffenden steigern

3. Kultur in Rahmenpläne für nachhaltige Entwicklung integrieren

4. Menschenrechte und Grundfreiheiten fördern.

Das Recht aller Staaten auf eigenständige Kulturpolitik als Kernstück des Übereinkommens

Kernstück des Übereinkommens ist das Recht eines jeden Staates, regulatorische und finanzielle Maßnahmen zu ergreifen, die darauf abzielen, die Vielfalt der kulturellen Ausdrucksformen in seinem Staatsgebiet zu schützen. Nationale Kulturpolitik und öffentliche Kulturförderung erhalten gegenüber drohenden wettbewerbsrechtlichen Einschränkungen eine neue Legitimität. Kulturpolitische Ziele nationaler Politik können mit internationalen Handelsabkommen in Einklang gebracht werden.

Doppelnatur: Kulturelle und audiovisuelle Dienstleistungen sind zugleich Kultur- und Wirtschaftsgüter

Mit dieser Konvention wollen die Vertragsstaaten das Recht auf eine eigenständige Kulturpolitik sichern und eine gleichberechtigte weltweite Kulturkooperation erreichen. Hauptanliegen ist die politische Anerkennung der Doppelnatur von Kultur: kulturelle und audiovisuelle Dienstleistungen und Güter sind zugleich Kultur- und Wirtschaftsgüter. Sie stehen auch für Lebensentwürfe, Traditionen und Identitäten.

Zwei dynamische Politikbereiche sind in besonderer Weise Wegbereiter und Antriebskraft für die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen: die (öffentlich-rechtlichen) Medien und die digitalen Technologien. So umfasst der Anwendungsbereich der Konvention heute auch Maßnahmen und Gesetze zu Medien- und Informationsfreiheit, Telekommunikationspolitik sowie zu Fragen des elektronischen Handels und der Internet Governance.

Zivilgesellschaft als „cultural watch dog“

Für die Beteiligung der Zivilgesellschaft an kooperativer Kulturpolitik und Governance – ein weiterer Kernpunkt der Konvention – sind die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen entscheidend. Eine effektive Rolle der Zivilgesellschaft als „cultural watch dog“ hängt wesentlich vom demokratischen Handlungsspielraum ab. Dieser wird derzeit in vielen Ländern eher eingeschränkt als gestärkt. Der UN-Menschenrechtsrat beobachtet diese Entwicklungen fortlaufend, ebenso wie die UN-Sonderberichterstatterin über Kulturelle Rechte.

Operative Richtlinien zur Umsetzung

Mit den operative Richtlinien zur Umsetzung der Konvention geben sich die Vertragsparteien einen Leitfaden zur Umsetzung des Übereinkommens an die Hand und reagieren auf neue Herausforderungen und Chancen, wie die Umsetzung der UN-Entwicklungsagenda 2030 und die Auswirkungen der Digitalisierung für den Kultursektor. So machen sie das Übereinkommen zukunftsfest.

Die Vertragsparteien verabschiedeten in den vergangenen Jahren operative Richtlinien zur Umsetzung der Konvention. Diese wurden vom Zwischenstaatlichen Ausschuss vorbereitet und im Rahmen der Vertragsparteienkonferenzen (2009, 2011 und 2017) angenommen.

Die Organe der Konvention

Die Vertragsstaatenkonferenz

Die Vertragsstaatenkonferenz ist das Plenarorgan und oberste Gremium des Übereinkommens über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen. Alle Staaten, die das Übereinkommen ratifiziert haben, sind hier vertreten. Sie kommen alle zwei Jahre zu einer ordentlichen Sitzung zusammen. Die Konferenz kann auf eigenen Beschluss oder auf Antrag von mindestens einem Drittel der Vertragsparteien, der dem Zwischenstaatlichen Ausschuss vorgelegt werden muss, zu einer außerordentlichen Tagung einberufen werden.

Die Aufgaben der Konferenz sind unter anderem…
…die Mitglieder des Zwischenstaatlichen Ausschusses zu wählen;
…die Berichte der Vertragsparteien des Übereinkommens, die ihr vom Zwischenstaatlichen Ausschuss übermittelt werden, entgegenzunehmen und zu prüfen;
…die auf ihr Ersuchen hin vom Zwischenstaatlichen Ausschuss erstellten Richtlinien zu genehmigen;
…alle sonstigen Maßnahmen zu ergreifen, die sie für notwendig erachtet, um die Ziele des Übereinkommens zu fördern.

Der Zwischenstaatliche Ausschuss  

Der Zwischenstaatliche Ausschuss setzt sich aus 24 Mitgliedern zusammen, die von der Vertragsparteienkonferenz nach den Grundsätzen der ausgewogenen geografischen Vertretung für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt werden. Im Sinne der Rotation wird die Hälfte der Ausschussmitglieder alle zwei Jahre neu gewählt. Der Zwischenstaatliche Ausschuss trifft einmal jährlich zusammen und arbeitet im Auftrag der Konferenz der Vertragsparteien. Der Ausschuss kann auf Anfrage von mindestens einem Drittel der Ausschussmitglieder zu außerordentlichen Sitzungen einberufen werden.

Die Aufgaben des Ausschusses sind unter anderem…
…die Ziele des Übereinkommens zu fördern, zu seiner Durchführung zu ermutigen und diese zu überwachen;
…die Richtlinien zur Durchführung und Anwendung des Übereinkommens auf Ersuchen der Konferenz der Vertragsparteien zu erstellen und sie dieser zur Genehmigung vorzulegen;
…der Konferenz Berichte der Vertragsparteien samt seinen Anmerkungen und einer Zusammenfassung des Inhalts zu übermitteln;
…Verfahren und andere Mechanismen für Konsultationen einzurichten, die auf die Förderung der Ziele und Grundsätze dieses Übereinkommens in anderen internationalen Foren abzielen;
…geeignete Empfehlungen für besondere Situationen abzugeben, auf die er von den Vertragsparteien des Übereinkommens hingewiesen wird und die dringende Sicherungsmaßnahmen für kulturelle Ausdrucksformen erfordern.

Sekretariat der UNESCO

Die Organe des Übereinkommens werden vom Sekretariat der UNESCO unterstützt. Das Sekretariat erstellt die Unterlagen für die Konferenz der Vertragsparteien und den Zwischenstaatlichen Ausschuss. Zudem unterstützt es die Umsetzung ihrer Beschlüsse und erstattet darüber Bericht.

Der Internationale Fonds für kulturelle Vielfalt (IFCD) wurde 2010 im Rahmen der 2005er-Konvention ins Leben gerufen. Es unterstützt Kunst- und Kultureinrichtungen, staatliche Institutionen und Nichtregierungsorganisationen im globalen Süden bei der Entwicklung einer stärkeren Kultur- und Kreativwirtschaft in ihren Ländern.

Website des IFCD

International Fund for Cultural Diversity: Why invest in culture and creativity? (2023)

Weitere Informationen

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