Auf ein Wort,
"Die Menschen freuen sich sehr, wenn wir ihnen den Segen bringen."
Charlotte
Sternsingerin
Charlotte (13) aus Berlin begann bereits mit sieben Jahren mit dem Sternsingen. Sie berichtet im Interview vom Ziel des Sternsingens, von ihrer Motivation mitzuwirken und von einem besonderen Höhepunkt: dem jährlichen Besuch der Sternsinger im Bundeskanzleramt
Wie bist Du zum Sternsingen gekommen?
Ich habe schon recht früh mit sieben Jahren angefangen. Es wird immer in den Vermeldungen im Rahmen der Messe verlesen, dass Sternsinger gesucht werden. Dadurch wurde ich aufmerksam. Viele andere Kinder aus meiner Gemeinde haben bereits mitgemacht. Denen wollte ich mich anschließen. Zusammen sind wir jetzt circa 40 Kinder aus der Gemeinde. Gemeinsam unternehmen wir auch Ausflüge, wie zum Beispiel Sternsinger-Fahrten. Meine erste Fahrt ging nach Köln und Aachen. Im Kölner Dom befindet sich ja der Dreikönigenschrein, den haben wir uns angeguckt. Letztes Jahr ging es nach Frohnau im Norden Berlins. Diese Ausflüge stärken die Gemeinschaft.
Welchen der drei Könige stellst Du dieses Mal dar?
Ich bin dieses Jahr Balthasar. Zwischen den drei Königen gibt es eigentlich in den Rollen keine Unterschiede, daher ist es nicht so wichtig, wer man ist. Als ich noch kleiner war, war ich Sternträger. Das ist immer den Jüngeren vorbehalten. Auch wenn alle eine wichtige Rolle haben, hat es der Sternträger noch etwas einfacher. Dann gibt es noch einen Gruppenleiter, was ein Jugendlicher übernimmt. Wenn ich in dem richtigen Alter bin, möchte ich auch eine Gruppe leiten.
Was ist für Dich das Wichtigste beim Sternsingen?
Es ist mir wichtig, durch unseren Brauch die Menschen darüber zu informieren, dass es Kinder auf der Welt gibt, denen es nicht so gut geht. Und dass sie durch uns, die Sternsinger, helfen können. Diese Geste finde ich am wichtigsten. Die Leute verstehen das und spenden dafür gerne. Das Einsammeln von Spenden ist ja der eigentliche Grund, weshalb wir um die Häuser ziehen. In Deutschland geht es uns sehr gut. Daher denke ich, dass wir den Kindern und Familien in anderen Teilen der Welt etwas von unserem Wohlstand abgeben sollten.
Kulturtalente
Kulturtalente in ganz Deutschland prägen und gestalten das Immaterielle Kulturerbe. Sie erhalten kulturelle Traditionen durch Anwendung und Weitergabe ihres Wissens und Könnens. Die Deutsche UNESCO-Kommission stellte von Juli 2016 bis Juli 2017 12 Kulturtalente vor und zeigt, wie sie das Immaterielle Kulturerbe hierzulande kreativ weiterentwickeln. Charlotte ist das Kulturtalent des Monats Januar 2017.
Man spürt, dass wir eine Gemeinschaft bilden. Das finde ich sehr schön.
Wie läuft das Sternsingen ab?
Es ist bei jeder Gemeinde etwas anders. Bei uns in der Gemeinde Salvator in Berlin-Lichtenrade werden wir in Gruppen aufgeteilt. Es gibt jeweils einen Sternträger, drei Könige, einen jugendlichen Gruppenleiter und einen erwachsenen Begleiter. Jede Gruppe bekommt eine bestimmte Strecke zugewiesen mit Haushalten, die den Segen bekommen wollen. Wir gehen also nicht einfach so von Haus zu Haus und klingeln; man muss sich vorher angemeldet haben. Die drei Könige und der Sternträger sagen dann einen Text auf, der jedes Jahr anders ist, und sich auf das jeweilige Jahresthema bezieht. 2017 steht das Thema „Gottes Schöpfung bewahren“ im Mittelpunkt. Es geht um die Probleme, die der Klimawandel in vielen Teilen der Welt mit sich bringt, wie Trockenheit und Dürre. Das machen wir am Beispiel der Turkana-Region in Kenia deutlich. Dort leiden viele Kinder und Familien Hunger aufgrund der immer schlechter werdenden klimatischen Bedingungen. Wir erzählen den Leuten gerne auch etwas über unsere Projekte, damit sie wissen, wofür sie eigentlich spenden. Zum Schluss beten wir zusammen das Vaterunser mit ihnen.
Sternsingen als Immaterielles Kulturerbe
Seit 2015 ist der Heischebrauch Sternsingen im Bundesweiten Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes anerkannt. Bei dem Brauch ziehen Kinder und Jugendliche in den Tagen um Heilige Drei Könige (6. Januar) von Haus zu Haus, bringen den Segen und sammeln Spenden zur Unterstützung von Kinderhilfsprojekten in aller Welt.
Welche Orte besucht ihr als Sternsinger?
Am 6. Januar werden wir bei uns im Bezirk zum Haus der Wirtschaft, ins Altersheim und ins Heim für Menschen mit Behinderung gehen. Am Sonntag, dem 8. Januar werden wir dann den ganzen Tag zu Kindern und Familien in unserer Gemeinde gehen und unseren Segen bringen. Neben den privaten Haushalten besuchen wir auch die Suppenküche in Berlin-Lichtenrade – nicht nur als einzelne Gruppe, sondern mit allen Sternsingern unserer Gemeinde. Zwar helfen wir vor allem Kindern in anderen Ländern, aber auch hier in Berlin und generell in Deutschland gibt es Kinder und Erwachsene, denen es nicht so gut geht. Daher finde ich es wichtig, dass wir auch hier vor Ort Menschen unterstützen können. Wir teilen mit der Suppenküche die Süßigkeiten, die wir neben den Spenden von den Haushalten erhalten haben. Und natürlich tragen wir unsere Texte vor. Die Leute dort sind dafür immer sehr dankbar. Man spürt, dass wir eine Gemeinschaft bilden. Das finde ich sehr schön. Der Besuch der Suppenküche ist in jedem Jahr unsere letzte Aktion. Anschließend wird es noch einen Dankgottesdienst geben.
In Deutschland geht es uns sehr gut. Daher denke ich, dass wir den Kindern und Familien in anderen Teilen der Welt etwas von unserem Wohlstand abgeben sollten.
Was bedeutet das Zeichen „20*C+M+B+17“, das ihr auf die Türen schreibt?
Am Anfang von dem Spruch beziehungsweise dem Segen steht die 20 und zum Schluss die 17 – das steht für das Jahr 2017. Dann steht da noch ein C, ein M und ein B. Das steht für „Christus mansionem benedicat“, auf Deutsch „Christus segne dieses Haus“. Zwischen den Buchstaben gibt es noch Kreuze. Die stehen dafür, dass die Sternsinger im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes gekommen sind.
Sternsingen in Deutschland
Jedes Jahr um den 6. Januar (Dreikönigstag) ziehen überall in Deutschland Kinder und Jugendliche als Heilige Drei Könige von Haus zu Haus. Sie singen traditionelle und neue Sternsingerlieder und bringen den Menschen den Segen für das neue Jahr. Dabei sammeln sie Spenden für Kinderhilfsprojekte weltweit. Die Zeichen „C+M+B“ mit Kreide auf den Türrahmen geschrieben, erinnern an die Namen der Heiligen Drei Könige Caspar, Melchior und Balthasar und werden auch als Abkürzung für „Christus mansionem benedicat – Christus segne dieses Haus“ gedeutet. Das Liedgut der Sternsinger ist regional unterschiedlich und wird von Generation zu Generation tradiert.
Welcher Besuch könnte in diesem Jahr für Dich am aufregendsten sein?
Bundeskanzlerin Angela Merkel lädt auch dieses Jahr wieder Sternsinger aus ganz Deutschland zu sich ins Kanzleramt ein. Ich war schon einmal dabei. Es kommen jeweils vier Sternsinger aus allen deutschen Diözesen. Zusammen werden wir circa 100 Kinder und Jugendliche sein. Am 9. Januar werde ich zusammen mit anderen Kindern aus unserer Gemeinde ein Theaterstück aufführen, mit dem wir genauer über unser diesjähriges Thema informieren möchten. Das Stück ist eine Erzählung von zwei Jugendlichen, von denen einer ein Referat halten muss. Er erklärt dadurch dem anderen unser Thema. Danach werden wir mit Frau Merkel Lieder singen. Den Segen schreiben dann andere Sternsinger an die Wand im Kanzleramt. Zum Schluss spendet sie immer etwas. Dieses Treffen ist sehr aufregend und spannend, auch weil viele Leute von der Presse mit dabei sind. Frau Merkel freut sich immer sehr über unseren Besuch. Andere Sternsingergruppen werden von Bundespräsident Joachim Gauck oder von verschiedenen Bundesministern empfangen. Diese Besuche sind ein besonderes Highlight.
Die Menschen freuen sich sehr, wenn wir ihnen den Segen bringen.
Was bereitet Dir am Sternsingen am meisten Freude?
Ich finde es immer am schönsten zu sehen, wie sich die einzelnen Leute freuen, wenn wir ihnen den Segen in ihr Haus bringen. Die Menschen freuen sich auf uns und sind sehr dankbar für unseren Besuch.
Was macht eigentlich das Kindermissionswerk ‚Die Sternsinger‘?
Das Kindermissionswerk unterstützt unter anderem Bildungsprojekte in verschiedenen Ländern. Wenn es vor Ort zum Beispiel kein Geld gibt, um eine Schule zu bauen, dann helfen wir. Wir helfen auch Kindern und Familien, die stark von Trockenheit und Dürre betroffen sind und dadurch zu wenig zu essen haben. Um dem entgegenzuwirken, werden beispielsweise Brunnen mit Hilfe der gesammelten Spenden gebaut. Neben den Hilfsprojekten kümmert sich das Kindermissionswerk auch um alle organisatorischen Dinge und unterstützt die Sternsinger mit vollen Kräften. Wir als Sternsinger gehen zu den Menschen, bringen ihnen etwas und nehmen etwas mit. Die Aufgabe des Kindermissionswerkes ist es, diese Spenden sinnvoll und gerecht zu verteilen – also dorthin, wo sie am dringendsten gebraucht werden und wo sie nachhaltig helfen können.
Weißt Du, dass das Sternsingen in Deutschland 2015 als Immaterielles Kulturerbe ausgezeichnet wurde?
Ja, ich habe es durch die Medien mitbekommen. Das ist eine schöne Auszeichnung. Ich finde es gut, dass das Thema und unsere Aktion dadurch stärker in der Öffentlichkeit präsent sind. Vielleicht entscheiden sich jetzt noch mehr Kinder dafür, bei den Sternsingern mitzumachen und anderen zu helfen. In unserer Gemeinde gibt es viele Haushalte, die den Segen der Sternsinger empfangen möchten. Da freuen wir uns natürlich über zusätzliche Unterstützung.