Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe
Demoszene – Kultur der digitalen Echtzeit-Animationen
Die Demoszene agiert international, organisiert sich dezentral und ist nicht-kommerziell. Sie hat sich der Produktion von digitalen audiovisuellen Werken verschrieben. Die Demos sind üblicherweise mehrere Minuten lange, durch Software generierte Animationssequenzen, einer Kombination aus Musik, Videos, Text-, Pixel- und 3D-Grafiken.
Die Kunstschaffenden der Demoszene führen ihre Produktionen im Wettbewerb mit anderen auf speziellen Partys live vor. Die in verschiedenen Wettbewerbskategorien gegeneinander konkurrierenden Programme müssen bei der Präsentation von den jeweiligen Computern in Echtzeit ausgeführt werden. Dabei zeichnen sich die Wettbewerbskategorien durch verschiedene Limitierungen aus: So dürfen manche Demos nicht größer als ein oder vier Kilobyte sein oder müssen auf bestimmten Rechnern wie dem C64 ausgeführt werden.
Selbstbeschränkung als kreativer Impuls
Eine der Kernkompetenzen der Demoszene ist das Size-Coding, bei dem versucht wird, den Programmcode so schlank wie möglich zu gestalten. Zudem spielen das Tracking im Musikbereich als eine programmierähnliche Kompositionstechnik und die Hacking-Attitude der kreativen Aneignung immer neuer Hardware-Plattformen wichtige Rollen für die Szene. Bei all dem bildet die Selbstbeschränkung einen wichtigen kreativen Impuls.
Ihre Ursprünge hat die Demoszene in der Cracker-Kultur der 1980er Jahre, in der Gruppen von jugendlichen Computerfans vor die raubkopierten Spiele ihre digitalen Visitenkarten als Beweis einbauten, dass sie den Kopierschutz geknackt und entfernt haben. Diese sogenannten Crack-Intros wurden mit der Zeit immer ambitionierter, bevor sie als alleinstehende visuelle Kunstwerke, die Demos, unabhängig von der Cracker-Kultur weiterentwickelt wurden.
Digital und kurzlebig
Nahezu jede Woche findet irgendwo auf der Welt eine Demoparty statt. In Deutschland sind die größten Veranstaltungen das „Revision“ mit etwa 1.000 Teilnehmende und das „Evoke“ mit rund 500 Teilnehmenden. Eine der Besonderheiten der Szene ist, dass jede Animation auf einer Demoparty Premiere feiert und danach an keinem Wettbewerb mehr teilnehmen darf.
Digitale Kulturformen sind häufig kurzlebig, da ihre Entwicklung von bestimmten technischen Plattformen abhängt. Für diese Verhältnisse ist die Demoszene mit ihrer über 30-jährigen Geschichte ein Urgestein der Digitalkultur. Ihr ist es gelungen, ihre Identität über technische Umbrüche und Generationen lebendig zu halten.
Solidarität
Der gemeinschaftliche Zusammenhalt der Demoszene existiert wesentlich durch die Solidarität der Teilnehmenden untereinander. Physische Treffen machen einen wesentlichen Teil der Identität der Szene aus. Parallel ist Online-Kultur bis heute immer integraler Teil des Szene-Lebens, das durch Online-Wettbewerbe, Community-Diskussionen und Sofa-Screening auf verschiedenen Plattformen geprägt ist. Eine Mischung aus Online- und Offline-Aktivitäten ist typisch für die Szene. Die Funktion der Erhaltung und Weitergabe übernehmen Demopartys, Archivierung und Öffentlichkeitsarbeit durch Demoszene-Vereine, Gruppen und Individuen. Auch tragen Ausstellungen und der wissenschaftliche Diskurs zur Analyse, aber auch Tradierung und Input in die Szene bei.