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Welterbe vermitteln, Begegnungen fördern
Welterbe-Teamer an der Fossillagerstätte Grube Messel
Wo kommen wir her? Wie sah unsere Welt vor Millionen von Jahren aus? Was können wir aus den damaligen Umweltbedingungen für heutige klimatische Veränderungen lernen? Die Grube Messel in Südhessen, 1995 in die UNESCO-Welterbeliste eingeschrieben, bietet als Fenster in die Vergangenheit eine einzigartige Möglichkeit, Wissen über die Entwicklung der Erde und der Lebewesen zu schaffen und zu vermitteln.
Wie diese Vermittlungsarbeit in der Praxis aussieht, konnten die Teilnehmenden der Weiterbildung zu Welterbe-TeamerInnen Ende September 2017 im Gespräch mit Frau Dr. Frey, Geschäftsführerin der Welterbe Grube Messel gGmbH, erfahren.
Die Fossillagerstätte im Süden Hessens ist ein Naturerbe von einzigartiger Bedeutung: Die im Ölschiefer enthaltenen Fossilien erlauben Rückschlüsse über die frühe Entwicklung der Säugetiere nach dem Aussterben der Dinosaurier und über die Lebenswelt im Eozän. Keine andere Fundstelle ist bekannt, die in Artenvielfalt und Qualität der gefundenen Fossilien als vergleichbar gelten könnte. So gehört die Fossillagerstätte auf Grund ihrer Aussagekraft zu bestimmten Stufen in der Erdgeschichte, insbesondere zur Entwicklung des Lebens, zum gemeinsamen Erbe der Menschheit.
Gemeinsame Verantwortung für das Erbe
Die Schätze der Grube Messel wären wohl kaum entdeckt worden ohne den Abbau des dortigen Ölschiefers zu Zwecken der Rohölgewinnung. Der Tagebau schaffte die heute sichtbare Grube und beförderte die ersten Fundstücke aus diesem ehemaligen See vulkanischen Ursprungs zu Tage. Über Jahre hinweg betätigten sich private Forscher rund um das Industriegebiet, um die Fossilien zu bergen und mit den jeweils zu Verfügung stehenden Techniken zu konservieren. Nach Ende des Abbaus 1971 sollte die Grube wie viele ehemalige Abbaugruben zu einer Mülldeponie umgewandelt werden. Es ist dem jahrelangen Kampf der Bürgerinitiative zur Verhinderung der Mülldeponie Grube Messel e.V. zu verdanken, dass das Projekt der Mülldeponie aufgeben wurde. Dies machte den Weg frei zur Anerkennung als erste deutsche Naturerbestätte auf der UNESCO-Welterbeliste.
Die Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements wird auch heute in den Führungen an der Grube Messel vermittelt. Ebenso zielen diese darauf ab, bei allen Besuchern ein Bewusstsein für ihre gemeinsame Verantwortung für dieses außergewöhnliche Erbe zu schaffen sowie Respekt füreinander und Wissen über die UNESCO. Deren Leitprinzip der Friedenschaffung in den Köpfen der Menschen ist auch für den Welterbegedanken von großer Bedeutung.
Graben, forschen, vermitteln
Bis heute birgt die Fossillagerstätte Grube Messel viele Geheimnisse. Ihre Erforschung obliegt der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, die als Betreiberin der Grube Messel nicht nur für deren Erhalt zuständig ist, sondern auch über die Ausgrabungen wacht. Die aus den Fossilien erlangten Kenntnisse sind von großer Bedeutung für das Verständnis heutiger klimatischer Wandlungsprozesse, geben sie doch Auskunft über vergangene Lebensbedingungen und die Anpassungsstrategien der Lebewesen.
Die Vermittlung dieser Forschungserkenntnisse und ihrer Bedeutung für uns heute, sowie die Erläuterung des Wertes der Welterbestätte obliegen insbesondere der Welterbe Grube Messel gGmbH. Diese ist nicht nur zuständig für Führungen in der Grube Messel, sondern auch Betreiberin des Besucherzentrums vor Ort. Mit diesem Zentrum soll dazu beigetragen werden, Interesse für Naturwissenschaften zu wecken und ein Bewusstsein für die Notwendigkeit des Erhalts der Welterbestätte zu schaffen. Es versteht sich als Ort der Begegnung und des Austausches zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit, zwischen Vergangenheit und Gegenwart und zwischen all den nationalen und internationalen Besuchern. Der Bildungs- und Vermittlungsauftrag an alle Welterbestätten, wie in der Welterbekonvention von 1972 formuliert, zielt darauf ab, ein gemeinsames Verantwortungsbewusstsein für das Erbe von außergewöhnlichem universellem Wert zu bilden, um dieses langfristig zu bewahren.
Welche Herausforderungen und Chancen die Vermittlungsarbeit in der Praxis mit sich bringt, konnten die Teilnehmenden der Weiterbildung zu Welterbe-TeamerInnen am Samstag, den 30. September 2017, direkt vor Ort erfahren. In einer beeindruckenden Führung durch die Grube Messel und das Besucherzentrum erläuterte Frau Dr. Frey, Geschäftsführerin Welterbe Grube Messel gGmbH, nicht nur die Besonderheiten der Welterbestätte sondern teilte auch ihre langjährigen Erfahrung in der Welterbebildungs- und –vermittlungsarbeit. Im Gespräch mit ihr konnten die Teamerinnen und Teamer unter anderem erfahren, was es heißt, ein Besucherzentrum zu planen und zu leiten, wie interaktive Vermittlungsformate aussehen können und welche Herausforderungen internationale Besuchergruppen mit sich bringen. Diese Erfahrungen werden nun einfließen in die eigenen Projekte der Teamerinnen und Teamer.
Die Weiterbildung zu Welterbe-TeamerInnen
Die Weiterbildung zu Welterbe-TeamerInnen ist ein Angebot der Deutschen UNESCO-Kommission, das sich vor allem an ehemalige Freiwillige von kulturweit, dem Freiwilligendienst der Deutschen UNESCO-Kommission, richtet. Im Zuge der etwa 2 Jahre dauernden Weiterbildungen erlangen die Teilnehmenden das Wissen und die Methoden, um als Multiplikatoren einen Beitrag zu Vermittlung des Welterbegedankens zu leisten. Die drei Einführungsseminare der Weiterbildung finden an deutschen Welterbestätten statt und dienen der direkten Erfahrung des Welterbes sowie dem Austausch mit Experten vor Ort. Das Wochenendseminar an der Grube Messel stellte die Auftaktveranstaltung zum neuen Weiterbildungszyklus 2017/18 dar.