UNESCO-Creative City Heidelberg
Literatur als Motor nachhaltiger Stadtentwicklung
Heidelberg ist als Literaturstadt im UNESCO-Kreativstadt-Netzwerk seit 2014 aktiv. Rund 120 Autorinnen und Autoren leben in und um Heidelberg. In der Stadt befindet sich die berühmte Bibliotheca Palatina. Darüber hinaus ist Heidelberg für die „Heidelberger Romantik“ (Hölderlin, Brentano, von Arnim) bekannt.
Fakten
- Aufnahmejahr: 2014
- Kategorie: Literatur
- UNESCO-Webseite
- Webseite Creative City Heidelberg
Heidelberg ist als Literaturstadt Mitglied des UNESCO-Kreativstadt-Netzwerks. In der Stadt befindet sich die berühmte Bibliotheca Palatina. Darüber hinaus ist Heidelberg für die „Heidelberger Romantik“ (Hölderlin, Brentano, von Arnim) bekannt. In Heidelberg vergeht kaum ein Tag ohne literarische Veranstaltungen – die Stadt hat seit ihrer Ernennung zur UNESCO City of Literature eine Literaturversammlung einberufen, in der sich regelmäßig alle literarisch arbeitenden Bürgerinnen und Bürger austauschen.
Heidelberg hat eine lange literarische Tradition. Neben der Bibliotheca Palatina befindet sich in der Stadt die größte mittelalterliche Sammlung deutscher Minnelieder, der Codex Manesse. Sie wird in der Universitätsbibliothek aufbewahrt. Dichterinnen und Dichter wie Gottfried Keller, Joseph Viktor, Joseph von Eichendorff, Mark Twain, Stefan George, Hilde Domin und Martin Opiz wirkten in Heidelberg oder widmeten Heidelberg Werke. Friedrich Hölderlin, Clemens Brentano und Achim von Arnim gehören zu den bekanntesten Vertretern der Heidelberger Romantik. Die 1386 gegründete Ruperto Carola ist die älteste Universität Deutschlands und eine der forschungsstärksten in Europa. An ihr wirkten in jüngerer Zeit beispielsweise Max Weber, Karl Jaspers und Hans-Georg Gadamer.
Aktuell leben etwa 120 Autorinnen und Autoren in Heidelberg und Umgebung, dazu viele Übersetzerinnen und Übersetzer. Rund 50 Verlage sind in Heidelberg ansässig – die Stadt gehört mit rund 1,3 Verlagen und 1,5 Buchhandlungen auf je 10.000 Einwohner zu den deutschen Städten mit der höchsten diesbezüglichen Pro-Kopf-Verteilung.
Heidelberg ist zudem die „Wiege des deutschen Hip Hop“, deren Musik auf dem Einsatz von Sprache als Stilmittel basiert. Die Band „Advanced Chemistry“, die 1992 ihre erste CD veröffentlichte, ist ein bekanntes Beispiel. Die UNESCO Creative City of Literatur hat zudem eine lebendige Poetry-Slam-Szene, die durch eine Vielzahl an Kulturinstitutionen und -initiativen organisiert wird. Dazu zählen das Deutsch-Amerikanische Institut, das Interkulturelle Zentrum, das Kulturhaus Karlstorbahnhof, die Stadtbücherei, das Theater und Orchester Heidelberg, die Universität Heidelberg, literarische Salons und Gesellschaften, studentische Autoren- und Dichtergruppen und Literaturcafés. Seit 1993 finden die Heidelberger Literaturtage sowie der Literaturherbst Heidelberg als jährliche Festivals statt.
„Kreativität ist ein Motor nachhaltiger Stadtentwicklung. (...) Als eine Stadt der Toleranz steht Heidelberg für die Offenheit im Denken. Die Freiheit von Gedanke und Wort kommt durch Literatur deutlich zum Ausdruck.“
Prof. Dr. Eckart Würzner, Oberbürgermeister der Stadt Heidelberg
Mit interdisziplinären Projekten werden Kulturinstitutionen und Kulturschaffende aller Sparten in Heidelberg systematisch in literarische Projekte einbezogen. Das Großprojekt „Ossip Mandelstam. Wort und Schicksal“ im Jahr 2016 konnte internationale Partner und weit über 100 Kulturschaffende in das künstlerische Rahmenprogramm einbinden.
Projekte im öffentlichen Raum lenken das öffentliche Augenmerk auf Literatur; beispielsweise Gedichte in Bussen und Bahnen bei „Poesie unterwegs“ oder durch öffentliche Plakataktionen.
Heidelberg vergibt regelmäßig eine Vielzahl an literarischen oder der Literatur verbundenen Preisen:
- Clemens Brentano Preis für Literatur der Stadt Heidelberg (jährlich)
- Hilde-Domin-Preis für Literatur im Exil (alle drei Jahre)
- Heidelberger Poetikdozentur (jährlich in Kooperation mit dem Germanistischen Seminar der Universität Heidelberg)
- Karl-Jaspers-Preis
- Das unerschrockene Wort (im Verbund der Lutherstädte)
- Erzählwettbewerb an der Julius-Springer-Schule
- Gedok Preis für Literatur
- Richard Benz Medaille der Stadt Heidelberg
- Heidelberger Stückemarkt am Theater und Orchester Heidelberg
- Jüngst hat die Gruppe der Heidelberger Autorinnen und Autoren einen weiteren, eigenen Literaturpreis ausgelobt: Die „Heidelberger Feder“ wird erstmals 2018 erstmals vergeben.
Im Programm der UNESCO City of Literature werden (internationale) Austauschprojekte für Literaturschaffende forciert, beispielsweise gemeinsame Übersetzungsprojekte von Heidelberger Autorinnen und Autoren mit Kollegen aus Prag und Granada.
2018 wird erstmalig eine Residenz für Autoren sowie Co-Stipendiaten anderer Künste in Kooperation mit der Kulturstiftung Rhein-Neckar-Kreis in Dilsberg bei Heidelberg angeboten. Weitere Residenzprogramme sind in Planung.
Die Stadt Heidelberg fördert Literatur jährlich mit einem Gesamtvolumen von rund 220.000 € (nicht einberechnet ist die institutionelle Förderung der Literaturinstitutionen und Veranstaltungshäuser). Mit der Ernennung zur UNESCO City of Literature wurde in Heidelberg die „Literaturversammlung“ als Gremium aller professionell mit Literatur befassten Bürgerinnen und Bürger Heidelbergs ins Leben gerufen. Dieses Gremium tagt zwei Mal jährlich im Heidelberger Rathaus.
Autoren, Übersetzer, Verlage, Buchhandlungen und Antiquariate sind zudem in Branchengruppen organisiert. In Arbeitsgruppen werden Projekte, die das reichhaltige Literaturprogramm Heidelbergs ergänzen sollen, gemeinsam geplant. Durch das Kulturamt als Ansprechpartner und Organisator werden Literatur- und Kulturprojekte finanziell bezuschusst und beraten. Die UNESCO-Literaturstadt Heidelberg gibt einen „Stadtplan der Buchhandlungen und Antiquariate“ heraus.
Auch die Stabsstelle Kultur- und Kreativwirtschaft Heidelberg arbeitet eng mit dem Heidelberger Koordinationsteam der UNESCO City of Literature im Kulturamt zusammen. Die Kultur- und Kreativwirtschaft fördert Kreativschaffende und Start-Ups durch ein eigenes Förderprogramm, berät Kreativschaffende aller Teilbereiche und ist eng mit dem Heidelberger Kreativwirtschaftszentrum „Dezernat 16“ vernetzt. In den vergangenen Jahren sind in Heidelberg mehr und mehr Räume für die Kreativwirtschaft entstanden, drei der vier größeren Coworking-Räumlichkeiten sind städtisch gefördert. Auf den Konversionsflächen ist derzeit die Einrichtung eines zweiten großen Kreativwirtschaftszentrums in Planung.
Mehr als 4.000 Menschen arbeiten in Heidelberg in der Kultur- und Kreativwirtschaft. Zwölf Prozent aller Unternehmen – insgesamt rund 850 – sind diesem Sektor zuzuordnen. Sie erwirtschaften einen jährlichen Umsatz von ca. 620 Millionen Euro. Rund 5 Prozent der in Heidelberg sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigen sind im Bereich der Kultur- und Kreativwirtschaft tätig, rund 40 Prozent davon gehören wiederum dem Buchmarkt an.
Laut dem "Cultural and Creative Cities Monitor 2017“ der EU-Kommission nimmt der kulturelle und kreative Bereich einen bedeutenden Anteil an der gesamtwirtschaftlichen Leistung der Stadt und sogar einen größeren als in jeder anderen deutschen Stadt ein. Mehr als ein Drittel davon kommt aus dem Literatur- und Verlagsbereich. Der Studie zufolge nimmt die Kreativstadt Heidelberg unter insgesamt 64 untersuchten Städten mit 100.000 bis 250.000 Einwohnern den fünften Platz ein. Heidelberg punktet dabei vor allem mit seinem Kulturumfeld („Enabling Environment“) und seiner Kreativwirtschaft („Creative Economy“), aber auch seiner kulturellen Dynamik („Cultural Vibrancy“).
Internationale Partnerschaften
Heidelberg als UNESCO City of Literature arbeitet mit den mittlerweile 27 anderen weltweiten UNESCO-Literaturstädten zusammen.
Zwei jährliche Netzwerk-Treffen (Annual Meeting aller UNESCO Creative Cities und Jahrestreffen der UNESCO-Literaturstädte), eine Vielzahl an Kooperationsprojekten (Online, Print, Veranstaltungen, Übersetzungen, Künstleraustausch, Präsentationen, gegenseitige Beratung und Hilfestellungen und weiteres) finden in diesem Rahmen statt.
Darüber hinaus pflegt Heidelberg seine sieben offiziellen Städtepartnerschaften mit Palo Alto in den USA, der französischen Stadt Montpellier, mit Cambridge in Großbritannien, Rehovot in Israel, Bautzen in Deutschland, Simferopol auf der Halbinsel Krim und mit Kumamoto in Japan. Besonders mit der französischen Partnerstadt Montpellier besteht im Litera-tur- wie insgesamt im Kulturbereich enger Austausch, Künstlerinnen und Künstler sind zu Festivals eingeladen oder gastieren für Lesungen, Vorträge oder Ausstellungen in der jeweils anderen Stadt – beispielsweise im „Heidelberg-Haus“ bzw. „Montpellier-Haus“.
Weitere internationale Netzwerke sind der International Council of Christians and Jews (ICCJ) und die Internationale Martin-Buber-Stiftung. Strategische Partnerschaften mit international arbeitenden nationalen Partnern bestehen unter anderem mit dem Haus der Poesie Berlin, dem Deutschen Literaturarchiv Marbach, dem ZKM Karlsruhe, der Universität Heidel-berg, den Fraunhofer- und den Goethe-Instituten.