Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe
Osingverlosung
Die Osingverlosung ist eine jahrhundertealte Tradition, bei der nach jeweils zehn Jahren gemeinschaftlich besessene Äcker unter den Bauern der Dörfer Humprechtsau, Krautostheim, Herbolzheim und Rüdisbronn nahe neu aufgeteilt werden. Der Osing ist eine landwirtschaftliche Gemeinschaftsnutzfläche, die 264 Hektar oder 213 Feldanteile umfasst.
Fakten
- Aufnahmejahr: 2016
- Verbreitung: Dörfer Humprechtsau, Krautostheim, Herbolzheim und Rüdisbronn (Bayern)
- Zentraler Termin: alle 10 Jahre (nächster Termin 2024)
- Bereich: Gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste; Wissen und Bräuche in Bezug auf die Natur und das Universum; Formen gesellschaftlicher Selbstorganisation
Nutzungsberechtigte Bauern der angrenzenden Orte bewirtschaften den Osing gemeinsam und verlosen das Ackerland alle zehn Jahre nach festgelegten Regeln. Nach zweiwöchiger Vorbereitung und Vermessung der Ackerfläche durch jeweils einen Vertreter aus jedem Dorf findet die Verlosung im Osinghaus statt. Hier treffen sich Nutzungsberechtigte, Osingverwaltung, Gäste und Medien, um gemeinsam an der Verlosung teilzunehmen.
Der Verlosungstag ist ein Festakt und wird von örtlichen Musik- und Gesangsvereinen begleitet. Ab mittags können zugeloste Felder getauscht werden. Ein ausgeklügeltes System soll sicherstellen, dass fruchtbare und weniger geeignete Felder gerecht verteilt werden. Vor- und Nachteile der Grundstücke werden mit Geld ausgeglichen und übrige Nutzungen wie Obstbaumerträge, Karpfenweiher und Jagdrechte werden von der Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten verpachtet.
Nach Angaben des für Landwirtschaft zuständigen Bundesministeriums ist der Osing der größte Gemeinschaftsbesitz in Europa. Die gemeindefreie Hochfläche bildet die letzte Markgenossenschaft in Deutschland und wurde am 8. Mai 1465 erstmals urkundlich erwähnt. Die mittelalterliche Rechtsform der Allmende hat sich im deutschsprachigen Raum nur hier bis heute gehalten.