Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe

Singen der Lieder der deutschen Arbeiterbewegung

Die Lieder der deutschen Arbeiterbewegung sind seit dem 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart im Rahmen von Aktionen der Arbeiterbewegung sowie ihr nahestehender Bewegungen entstanden und gesungen worden. Sie sind Ausdruck von Benachteiligung und Unterdrückung lohnabhängiger Beschäftigter, aber auch von Gegenwehr, Kampfeswillen und Zukunftsgewissheit.

Illustration Immaterielles Kulturerbe

Fakten

  • Aufnahmejahr: 2014
  • Verbreitung: deutschlandweit
  • Zentraler Termin: ganzjährig sowie speziell am 1. Mai
  • Bereich: Mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen ; darstellende Künste; Formen gesellschaftlicher Selbstorganisation

Kontakt

Interessengemeinschaft "Singen der Lieder der deutschen Arbeiterbewegung"
Dr. Joachim Hetscher
E-Mail

In den Liedern werden auch Satire, Spott oder Trauer ausgedrückt. Die Lieder weisen häufig einen positiven Bezug zur grenzüberschreitenden Solidarität und zum Streben nach Frieden zwischen den Völkern auf. Viele der Lieder sind Übersetzungen aus anderen Sprachen oder wurden in andere Sprachen übersetzt, vor allem gegen Ende des 19. Jahrhunderts. „Die Internationale“ oder „Bella Ciao“ sind Beispiele für bekannte Adaptionen. So wurden sie von Beginn an in einen internationalen, zunächst vor allem europäischen, Zusammenhang eingebunden.

Die Lieder der Arbeiterbewegung stehen und standen in engem Zusammenhang mit anderen Kunstformen. Mit der musikalisch innovativen Aufnahme und Weiterentwicklung der Arbeiterlieder durch Kurt Weill, Hanns Eisler und Bertolt Brecht erreichten sie im deutschen Kulturraum eine hohe künstlerische Entwicklungsstufe, die international besondere Anerkennung erfahren hat. Zudem wurden die Arbeiterlieder in den zwanziger und den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts mit dem Chanson verbunden.

"Eine klassische Arbeiterkultur, wie wir das vielleicht bis 1930 gehabt haben, die existiert heute in Deutschland nicht mehr. Das muss man ganz klar sagen und diese sehr homogene Kultur gleicher Wohnviertel, Arbeitersportvereine, Arbeitergesangsvereine, Arbeiterradfahrerbund und so weiter, das war natürlich ein großer Nährboden für diese Lieder und für deren Verbreitung auch bevor jeder Radio hatte."

Dr. Joachim Hetscher, Liedermacher & Journalist, Koordinator der Interessengemeinschaft "Singen der Lieder der deutschen Arbeiterbewegung"

Das Singen der Lieder der deutschen Arbeiterbewegung bietet ein hervorragendes Beispiel dafür, wie Volkskultur in Deutschland immer wieder aus fortschrittlichen und demokratischen Ansätzen heraus neu gestaltet und interpretiert wurde. Sie sind über weite Strecken der deutschen Geschichte verboten und unterdrückt worden und konnten nur unter schweren Bedingungen aufgeführt werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten die Lieder der Arbeiterbewegung in Deutschland zunächst wiederentdeckt und wieder erlernt werden.

Die Lieder der deutschen Arbeiterbewegung zeigen auch heute noch eine große Lebendigkeit, die, von den Medien weitgehend unbeachtet, etwa in der Neuentstehung von Liedern im Kontext von Streiks oder Auseinandersetzungen um Werksschließungen zum Ausdruck kommt. Die Lieder der deutschen Arbeiterbewegung haben auch eine wesentliche Rolle für die Entwicklung der populären Chorbewegung gespielt.

Publikation

Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe - Jubiläumsausgabe.
Deutsche UNESCO-Kommission, 2023

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