Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe
Innerstädtischer Erwerbsgartenbau in Bamberg
Seit dem 14. Jahrhundert werden direkt in Bamberg lokales Gemüse und spezielle Kräuter angebaut. Begünstigt durch den fruchtbaren Schwemmsandboden in der klimatisch vorteilhaften Flussaue wird der innerstädtische Erwerbsgemüseanbau von vielfältigen sozialen, religiösen und korporativen Traditionen der Gärtner und Gärtnerinnen begleitet. Diese drücken sich unter anderem in Wohnformen, Kleidung und Sprache aus.
Fakten
- Aufnahmejahr: 2016
- Verbreitung: Bamberg (Bayern)
- Zentraler Termin: ganzjährig
- Bereich: Gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste; Wissen und Bräuche in Bezug auf die Natur und das Universum; Traditionelle Handwerkstechniken
"Die Bamberger Gärtnertraditionen werden seit dem Mittelalter gepflegt und von Generation zu Generation weitergereicht. Der Erhalt dieser besonderen Traditionen hat überregionale Bedeutung."
Zu den angebauten Gemüsesorten gehören beispielsweise verschiedene Salat- und Kohlsorten, Spargel, Rettich, Zwiebeln, Knoblauch, Süßholz, Petersilie und Rote Beete. Diese werden auf dem „Grünen Markt“, in Hofläden, Restaurants und nur wenigen Lebensmittelmärkten verkauft. Manche dieser lokalen Sorten sind betriebsspezifische Varietäten, die weltweit singulär sind. Sowohl für die angebauten Sorten sowie für Werkzeuge und deren Anwendung sind Bezeichnungen im lokalen Dialekt üblich.
Im Sinne des stark verbreiteten katholischen Glaubens werden die Kulturen in Gottes Namen angelegt. Die Gärtnerinnen und Gärtner feiern ihren Dank mit Prozessionen zu Fronleichnam, unter anderem zum Andenken an ihren Schutzpatron, den heiligen Sebastian. Zu repräsentativen Anlässen wie diesem wird eine spezielle Festzugstracht getragen, die 1891 eingeführt wurde. Zudem existiert eine historische Arbeitskleidung, bestehend aus einer Arbeitsbluse mit geschwungenen Ärmeln und einem zum Sonnenschutz gebundenen Kopftuch. Identitätsstiftend wirkt auch der Zusammenschluss der Gärtnerinnen und Gärtner in Vereinen. So sorgen beispielsweise der „Verein Bamberger Sortengarten – Grünes Erbe Bamberg“ und die „Bamberger Süßholzgesellschaft“ für den Erhalt der einzigartigen Sorten sowie die Sammlung und Weitergabe tradierten Gärtnerwissens.
Seit 1993 gehört die Altstadt von Bamberg, in der auch ein Teil des Erwerbsgartenbaus stattfindet, zum UNESCO-Welterbe. Die Staatsbibliothek Bamberg beherbergt außerdem mit dem Lorscher Arzneibuch und den Reichenauer Handschriften Werke, die zum UNESCO-Weltdokumentenerbe gehören.