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Hochalpine Allgäuer Alpwirtschaftskultur in Bad Hindelang
Die Gemeinde Bad Hindelang praktiziert zur Erhaltung der Hochalpinen Allgäuer Alpwirtschaftskultur seit 1988 erfolgreich das „Ökomodell Hindelang“. Sie ist die alpflächenreichste Kommune Deutschlands: 45 anerkannte und staatlich geförderte Alpen mit 8.000 Hektar Alpfläche. Die Gemeinde setzt mit ihrem Modell auf Naturschutz und Nachhaltigkeit, regionale und direkte Vermarktung und nachhaltigen Tourismus.
Die Marktgemeinde Bad Hindelang im bayerischen Oberallgäu ist die alpflächenreichste Kommune Deutschlands: Es gibt 45 anerkannte und staatlich geförderte Alpen mit 8.000 Hektar Alpfläche. Es werden drei Arten von Alpen unterschieden, wobei Mischformen nicht unüblich sind: „Galtalpen“ dienen zur Sommerweide von Jungvieh, von „Kuhalpen“ holen Molkereien Mich ab und auf „Sennalpen“ wird vor Ort Milch zu Butter und Käse verarbeitet. In Bad Hindelang prägt die Alpwirtschaft Heimatgefühl, Identität und dörfliches Selbstverständnis sowie auch den Hauptwirtschaftszweig Tourismus. Hier findet beispielsweise einer der ersten und bekanntesten Viehscheide Deutschlands statt.
Ökomodell Bad Hindelang
Die Gemeinde Bad Hindelang praktiziert zur Erhaltung der Hochalpinen Allgäuer Alpwirtschaftskultur seit 1988 erfolgreich das „Ökomodell Hindelang“. Im Rahmen dessen wurde die naturschonende und nachhaltige Wirtschaftsweise der Alpwirtschaft auf kleinbäuerliche Berglandwirtschaften in den Tallagen ausgeweitet. Durch ökologische Ausgleichszahlungen für eine flächendeckende Kulturlandschaftspflege und die Produktion hochwertiger Lebensmittel konnte das Betriebssterben bei den Zuerwerbslandwirten weitgehend gestoppt werden. Die Alpwirtschaft beugt der Landschaftszersiedelung vor und schützt die Kommune vor dem touristischen „Wettrüsten der Täler“. Die Gemeinde setzt auf Naturschutz und Nachhaltigkeit, regionale und direkte Vermarktung und zurückhaltenden Tourismus.
Die hochalpine Alpwirtschaft ist eine extensive Form der Landwirtschaft, die zur Formung einer artenreichen Kulturlandschaft beigetragen und diese bis heute bewahrt hat. Es handelt sich damit um eine lebendige Tradition mit langer Kulturgeschichte. Ziel des Modells ist die Weiterführung der Alpwirtschaft als eine Kultur, die den gesamten Alltag der Betroffenen präget, ohne museal zu sein. Auch begleitende Festanlässe und Wissen um Handwerkstechniken gehören zum Erhaltungsprogramm. Das von der identitätsstiftenden Alpwirtschaftskultur geprägte Landschaftsbild ist heute Hauptbeweggrund für Touristen, die Region zu besuchen.
Arbeiten unter extremen Bedingungen
Trotz aller moderner technischer Hilfsmittel ist die Alpwirtschaft eine archaische Form des Wirtschaftens unter extremen klimatischen Bedingungen bei hohen körperlichen Anforderungen geblieben. Sie wird von Menschen betrieben, die mit Naturzyklen, mit dem Jahreskreis und mit in Jahrhunderten gewachsenen Traditionen leben. Die Hochalpine Alpwirtschaftskultur wirkt auf den ersten Blick „aus der Zeit gefallen“, ist jedoch alles andere als museal. Das Interesse des Nachwuchses ist groß, das Einkommen wird über die Produktion hochwertiger Lebensmittel, Landschaftspflege und zurückhaltenden Tourismus gesichert. Unabhängig davon verstehen Bergbauern ihre Alpen und das damit verbundene Wissen und Können als unveräußerliches „Erbe“, das es zu schützen und zu pflegen gilt.
Das Wissen wird von den Trägern weitergegeben. Anpassungen an Entwicklungen werden behutsam umgesetzt, so etwa die Gründung einer Genossenschaft und Anpassungen bei der Wahl der Nutztiere. 80 Prozent der Gemeindefläche von Bad Hindelang stehen heute unter Landschafts- und Naturschutz, mehrere Alpgebäude unter staatlicher Denkmalpflege. Es bestehen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, die von erfahrenen Älplern durchgeführt werden. Die Erhaltung der Tradition wirkt positiv für das Landschaftsbild, ist eine nachhaltige Bewirtschaftungsweise und trägt wesentlich zur Identität der Träger und der Bevölkerung der Region bei.