Jakob Muth-Preisträger
Grundschule Ernst-Moritz-Arndt Espelkamp
Die Grundschule Ernst-Moritz-Arndt (EMA) in Espelkamp ist eine Schule für alle Kinder. Das Motto der Schule sieht der Besucher noch vor dem Betreten der Schule. An der Fassade heißt es in großen Lettern: „In jedermann ist etwas Kostbares, das in keinem anderen ist.“ (Martin Buber). Dieses Grundverständnis zieht sich durch den gesamten Schulalltag: die EMA will die Einzigartigkeit und die Vielfalt der Kinder als Chance für alle nutzen, sich nach ihren Möglichkeiten zu entfalten. Hier lernen deshalb alle Kinder gemeinsam: 185 Kinder mit und ohne Förderbedarf, mit und ohne Migrationshintergrund, aus verschiedenen Konfessionen und Religionen. 35 Prozent der Kinder erhalten nach der Grundschulzeit eine Empfehlung fürs Gymnasium.
Inklusion geht nur im Team. An der EMA leitet ein Team aus Grundschullehrer, Sonderpädagogen und Schulbegleiter jede Klasse. In fast allen Stunden sind zwei Kräfte anwesend. Die Klassenteams haben montags im Stundenplan eine feste Teambesprechungszeit, um den Unterricht vorzubereiten und abzustimmen. Um die Beziehung zwischen Lehrern und Kindern zu stärken, verbringen die Klassenteams viel Zeit in der eigenen Klasse. Davon profitieren alle Kinder.
Wie schon die Zusammensetzung der Klassenteams zeigt, ist das Konzept für die Schulbegleiter an der EMA besonders gut organisiert: alle Schulbegleiter kommen von einem einzigen Träger, der Lebenshilfe. Sie sind im Pool organisiert und sehen sich als Ansprechpartner für alle Kinder. Dadurch, dass sie nicht zu eng an „ihrem“ Kind sind, werden gerade die Kinder mit Förderbedarf selbständiger und können sich besser in der Gemeinschaft entwickeln, als das sonst oft der Fall ist. Und alle Kinder profitieren davon, noch einen Ansprechpartner in der Klasse zu haben, der für ihre Fragen und Bedürfnisse offen ist. Die Organisation im Pool bedeutet außerdem, dass sich die Schulbegleiter im Notfall gegenseitig vertreten können. Dass ein Kind nicht zur Schule kommen kann, weil sein Schulbegleiter krank ist, kommt deshalb nicht vor.
Lernen so, wie es für jedes Kind richtig ist, prägt den Schulalltag, selbständig und in Gruppenarbeit. Jedes Kind lernt in seinem eigenen Tempo an Tages-, Wochen- und Aufgabenplänen zu arbeiten. In jedem Schuljahr lernen die Schüler jeweils zwei neue kooperative Lernformen kennen, die anschließend weiterhin geübt werden. Am Ende ihrer Grundschulzeit beherrschen alle Kinder acht verschiedene kooperative Lernformen. Die Lehrer verstehen sich dabei als Unterstützer im Lernprozess. Darüber hinaus kommen die Schüler auch in jahrgangsübergreifenden „Förderbändern“ zusammen. Hier finden sich Kinder, die einen ähnlichen Entwicklungsstand haben. In den Förderbändern werden z.B. pädagogisches Reiten, die Sprachfördergruppe oder die Schwimmgruppe angeboten. Da die Schule ein eigenes Schwimmbad hat, gehört Schwimmen für alle Kinder zu normalen Unterricht: am Ende der Grundschulzeit kann fast jedes Kind der EMA schwimmen.
Zum Konzept der EMA gehört auch, Unterricht und Therapie eng miteinander zu verbinden. Die Schule arbeitet mit einer logopädischen Praxis zusammen, stellt Räume zur Verfügung, stimmt Stundenpläne mit Therapieplänen ab und informiert die Logopäden über die Themen, die im Deutschunterricht behandelt werden. So können die Kinder gezielt an ihrem Wortschatz arbeiten. Diese enge Zusammenarbeit entlastet Eltern und Kinder und trägt dazu bei, dass die Kinder schnell große Fortschritte machen können.
Eher außergewöhnlich ist auch, dass die EMA selber Träger ihres Ganztagsbereiches ist. Dadurch können Unterricht und offener Ganztag eng mit einander verzahnt werden. Im offenen Ganztag stehen auch Beratungslehrer zur Verfügung; außerdem unterstützen Lehrer bei den Hausaufgaben. Bereits morgens ab 7.00 Uhr können Eltern ihre Kinder in die Schule bringen. Das Angebot beinhaltet neben der Mittagsversorgung und der Hausaufgabenbetreuung zahlreiche Arbeitsgemeinschaften wie z.B. Basteln oder Fußball. Sollten Eltern auch spontan Betreuungsbedarf haben, ist es meist möglich, ihnen entgegen zu kommen.
Die Schule arbeitet eng mit anderen Bildungseinrichtungen im Umfeld zusammen. Aus den fünf umliegenden Kitas werden die zukünftigen Lernanfänger bereits vor der Einschulung in die EMA eingeladen und im „Schulspiel“ in kleinen Gruppen in unterschiedlichen Entwicklungsbereichen überprüft. Es wird beobachtet, wie die Kinder in einer Gruppe agieren. Diese Beobachtung ermöglicht bei der späteren Planung der Klasseneinteilung, dass die Kinder in ihrer Klasse einen Lern- oder Spielpartner haben. Es ist der Schule wichtig, Kinder zusammenzuführen, um Freundschaften entstehen zu lassen. Die Schule versucht deshalb, allen ein Gefühl von Gemeinschaft und Zusammenhalt zu vermitteln und so die Vielfalt der Kinder als Chance zu nutzen.