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Demokratie braucht eine freie Presse

Auf dem 12. Deutsche Welle Global Media Forum diskutierten Expertinnen und Experten aus aller Welt über die globalen Machtverschiebungen und deren Auswirkungen auf die Medienlandschaft.

Wie wirken sich globale Machtverschiebungen auf Arbeit, Bedeutung und Vernetzung der Medien aus? Diese und weitere Fragen zur aktuellen Situation der Presse- und Meinungsfreiheit diskutierten am 27. und 28. Mai die Teilnehmenden des Deutsche Welle Global Media Forums in Bonn. Im Zuge der Initiative Freiheit.Hoch.Drei waren auch Mitarbeitende der Deutschen UNESCO-Kommission vor Ort.

Bundespräsident Steinmeier fordert die „Demokratisierung des Digitalen“

Das Global Media Forum eröffnete ein Videointerview von Peter Limbourg, Intendant der Deutschen Welle, mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Dieser zeigte sich besorgt über aktuelle Entwicklungen, die die Presse- und Meinungsfreiheit einzuschränken drohen. Insbesondere kenne die Kommunikation in den Sozialen Medien kaum mehr Kompromisse, so Steinmeier. Stattdessen würde ein Schwarz-Weiß-Denken dominieren. Zudem sieht Steinmeier in der Dominanz des globalen Informationsmarktes durch wenige Plattformen eine Gefahr für die Demokratie. Deshalb brauche es eine „Demokratisierung des Digitalen“, wobei Plattformen auch ihrer Verantwortung im Umgang mit Informationen gerecht werden müssten.

Bezüglich der Regulierung von Plattformen sei „der Stein der Weisen noch nicht gefunden“, so der Bundespräsident. Generell müsse jedoch von einem Freiheitsbegriff ausgegangen werden, wie ihn auch das Grundgesetz vorsieht:

„Das Grundgesetz geht nicht von unbeschränkter Freiheit aus, sondern findet die Grenzen der Freiheit immer dort, wo sie die Freiheit eines anderen berühren. Das heißt, Freiheit war in dem deutschen Verfassungsverständnis immer auch gepaart mit Regeln und deshalb muss es für neue Freiheiten auch neue Regeln geben dürfen.“

Ist Facebook ein Verleger?

Auf dem ersten Panel des Global Media Forums diskutierten Mathias Döpfner (Vorstandsvorsitzender von Axel Springer und Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger), Aroon Purie (Herausgeber und ehemaliger Chefredakteur von India Today) und Jesper Doub (Direktor für Medienpartnerschaften Europa, Naher Osten und Afrika bei Facebook) über die Machtverhältnisse in der Medienlandschaft. Dabei ging es insbesondere um das Verhältnis zwischen digitalen Plattformen und den traditionellen Medien.

Purie bezeichnete Facebook und Google als Verleger und forderte, dass die Unternehmen endlich Verantwortung für die Inhalte auf ihren Plattformen übernehmen sollten. Dem widersprach Doub. Laut dem Facebook-Direktor hätten Verleger eine Meinung und entschieden darüber, was veröffentlicht wird. Facebook wolle dagegen eine solche Rolle nicht einnehmen. Unabhängig davon habe die Plattform aber eine Verantwortung für ihre Inhalte, weshalb Facebook unter anderem ein unabhängiges Netzwerk von Fakten-Prüfern (Fact Checker) finanziere. Nachweislich falsche Inhalte würden gekennzeichnet, Nutzer informiert und zudem alternative Inhalte angeboten.

Generell sei Facebook bezüglich Regulierungen dessen, was im digitalen Diskurs erlaubt sei und was nicht, sehr offen, so Doub. Diese Frage solle aber weder von einem einzelnen Unternehmen, noch einer Regierung entschieden werden.

Digitales Zeitalter braucht gerechtes Wirtschaftssystem

Ein kritischer Aspekt, den bereits Bundespräsident Steinmeier ansprach, ist die dominante Rolle weniger Plattformen im globalen Informationsmarkt. Aroon Purie kritisierte Facebook dementsprechend: Während das US-amerikanische Unternehmen Medienhäusern die Konsumentendaten vorenthalte, würde auf der anderen Seite der Großteil der Werbeeinnahmen einbehalten.

Kritik an den großen Plattformen äußerte auch der US-amerikanische Internetpionier und Schriftsteller Jaron Lanier in seiner Keynote und plädierte für die Stärkung von MIDS (Mediator of Individual Data). Dabei handele es sich um Interessengemeinschaften, wie es etwa Gewerkschaften für Arbeitnehmer sind. MIDS sollen sicherstellen, dass Plattformen wie Google und Facebook jedem Menschen einen fairen Preis für dessen Daten zahlen. Nur so könne im digitalen Zeitalter ein nachhaltiges und gerechtes Wirtschaftssystem existieren.

„Behalten Sie den Mut!“ - Bundespräsident Steinmeier appelliert an Journalistinnen und Journalisten weltweit

Nicht nur digitale Plattformen wirken sich auf die Medienlandschaft aus. Regierungen in allen Teilen der Welt beeinflussen zunehmend die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten. Can Dündar, der im deutschen Exil lebende frühere Chefredakteur der türkischen Tageszeitung Cumhuriyet, beobachte „eine Art globaler Attacke auf die Presse- und Meinungsfreiheit". Georg Mascolo, Leiter des Rechercheverbundes des NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung, sieht einen Grund für diese Entwicklungen im Kurswandel der USA, die in der Vergangenheit noch als Symbol und Vorbild für Pressefreiheit galten. Der politische Wandel der USA gebe nun auch Gegnern der traditionellen Medien in einigen europäischen Regierungen Aufwind.

In vielen Bereichen der Welt bieten Soziale Medien oftmals die einzige Möglichkeit, sich frei über gesellschaftliche und politische Verhältnisse auszutauschen oder zu berichten. Der politische Aktivist Ludwing Moncada nutzt Soziale Medien genau in diesem Sinne. Moncada musste 2018 seine Heimat Nicaragua verlassen und lebt seitdem in Costa Rica. Er ist Mitgründer der digitalen Plattform Hora Cero, deren Inhalte auch aktiv über Soziale Medien gestreut werden, um eine Debatte über sozio-politische Verhältnisse in Nicaragua anzustoßen.

Für Moncada sind Soziale Medien, insbesondere im Umfeld von Zensur äußerst wichtig, da sie jedem, der Zugang zu ihnen hat eine Stimme gäben. Gleichzeitig gibt er zu bedenken: „Die Sozialen Medien sind eine großartige Waffe, die man gegen Diktaturen einsetzen kann, aber sie sind auch die gleiche Waffe, die Diktaturen gegen uns benutzen [...]. Wir sollten unsere Sozialen Medien nutzen, um uns gegen diejenigen zu wehren, die versuchen, unsere Rechte zu verletzen.“

Daher komme es aktuell und in Zukunft sehr stark auf die Nutzung Sozialer Medien an, ob Falschmeldungen geteilt und Lügen verbreitet würden. Letztlich liege es an den Nutzern, diese Art von Informationen nicht zu teilen.

„Die Sozialen Medien sind eine großartige Waffe, die man gegen Diktaturen einsetzen kann, aber sie sind auch die gleiche Waffe, die Diktaturen gegen uns benutzen.“

Ludwing Moncada, politischer Aktivist aus Nicaragua

Informations- und Medienkompetenz werden immer wichtiger

Die UNESCO befasst sich seit über 40 Jahren mit Informations- und Medienkompetenz/Media Information Literacy (MIL). Durch MIL lernen Menschen, die Funktion von Medien zu verstehen, sie können Informationen kritisch reflektieren und so informierte Entscheidungen treffen. Im Jahr 2013 startete die UNESCO das internationale Netzwerk GAPMIL (Global Alliance for Partnerships on Media and Information Literacy). Alexandre Amaral, Mitglied des GAPMIL Jugendunterausschusses betonte gegenüber der Deutschen UNESCO-Kommission: „Die Informations- und Medienkompetenz spielt eine entscheidende Rolle bei der Pressefreiheit. Sie erlaubt es den Bürgerinnen und Bürgern, Medien nicht nur passiv zu konsumieren, sondern sich auch kritisch mit ihnen zu beschäftigen!“

Beim Global Media Forum sprach Amaral mit weiteren Expertinnen und Experten über MIL. In einem Punkt waren sich alle einig: In einer Zeit, in der Soziale Medien für Propaganda genutzt, finanzierte Wahlkampagnen über Whatsapp gestartet oder Falschnachrichten über verschiedene Medienkanäle verbreitet würden, sei die Kompetenz, Informationen richtig einordnen zu können, zunehmend wichtig.

Genauso wichtig, wie die gewissenhafte Nutzung von Medieninhalten, ist auch eine qualitativ hochwertige und auf Fakten basierende Berichterstattung seitens der Medien. 

„Wir sollten uns mehr um den bewussten Medienkonsum kümmern, weil wir Soziale Medien als pluralistische Plattformen brauchen, insbesondere in autoritären Staaten.“

Tamar Kintsurashvili, Exekutivdirektorin der Media Development Foundation in Georgien war beim Global Media Forum als MIL-Expertin vertreten

Hintergrund: Global Media Forum

Zum zwölften Mal veranstaltete die Deutsche Welle das Global Media Forum, an dem circa 2000 Personen aus rund 140 Ländern teilnahmen. Unter dem Motto „Shifting Powers“ wurden am 27. und 28. Mai 2019 in Bonn Fragen der Machtverschiebungen in Medien, Politik und Gesellschaft diskutiert. Im Rahmen der internationalen Medienkonferenz wurde zum fünften Mal der Freedom of Speech Award der Deutschen Welle verliehen. Diesjährige Preisträgerin ist die mexikanische Investigativ-Journalistin Anabel Hernández, welche aufgrund ihrer Berichterstattung über Drogenkartelle und Korruption in der Politik ihre Heimat nach zahlreichen Morddrohungen verlassen musste.

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Flashmob Presse- und Meinungsfreiheit in Namibia

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