Rede,

UNESCO-Welterbetag 2022 in Wismar

Prof. Dr. Maria Böhmer

Prof. Dr. Maria Böhmer
Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission

Grußwort zum UNESCO-Welterbetag in Wismar

 

 

- Es gilt das gesprochene Wort! –

Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Schwesig,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Beyer,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Dr. Badenschier,
sehr geehrter Herr Landrat Schomann,
sehr geehrter Herr Hesse,
sehr geehrte Frau Schwarz,
liebe Vertreterinnen und Vertreter der Welterbestätten,
liebe Gäste,

im Namen der Deutschen UNESCO-Kommission begrüße ich Sie sehr herzlich zur bundesweiten Eröffnung des diesjährigen UNESCO-Welterbetags.

In diesem Jahr feiern wir weltweit ein ganz besonderes Jubiläum: Die UNESCO-Konvention zum Schutz des Natur- und Kulturerbes wird 50 Jahre alt! Wir feiern das heute unter dem Motto: „Erbe erhalten – Zukunft gestalten!“

2005 haben die Deutsche UNESCO-Kommission und der Verein UNESCO-Welterbestätten Deutschland diesen Aktionstag ins Leben gerufen. Unser Anliegen war es damals und ist es heute, das UNESCO-Welterbe den Bürgerinnen und Bürgern nahezubringen, es für alle erlebbar zu machen.

Ich freue mich, dass sich der erste Sonntag im Juni mittlerweile fest auf der Agenda der mittlerweile 51 Welterbestätten in Deutschland etabliert hat. Über 200 Veranstaltungen an fast allen (47) Welterbestätten in Deutschland – von der Nordseeküste bis an die Alpen – und diverse digitale Angebote, von Videos, interaktiven Spielen, 3D-Modellen und anderen virtuellen Vermittlungsangeboten bis zu unserem Fotowettbewerb: die Bandbreite des Programms ist enorm.

Heute kommt die besondere Freude hinzu, dass es der erste UNESCO-Welterbetag ist, der wieder „analog“ stattfinden kann nach einer zweijährigen Unterbrechung durch die Pandemie.
Die meisten Welterbestätten hat diese Zeit hart getroffen; aber wir haben an den beiden letzten Aktionstagen auch gesehen, mit welch innovativen digitalen Angeboten das Interesse der Welterbebegeisterten sogar noch gesteigert werden konnte.

Zu erfahren, was das „Erbe der Menschheit“ bedeutet, zu erleben, wie die Welterbestätten uns weltweit miteinander verbinden – das sind Effekte der Welterbe-Vermittlung, denen heute eine besondere, den Friedensgedanken der UNESCO ins Zentrum stellende Bedeutung zukommt!

Wie beispielhaft Wismar der Vermittlungsaufgabe gerecht wird, davon konnte ich mich bei meinem letzten Besuch überzeugen; dafür stehen auch Stralsund und alle anderen Welterbestätten in Deutschland. Mit der „Deutschen Stiftung Welterbe“ strahlen Wismar und Stralsund zudem auch international aus, wenn sie weltweit gefährdete Welterbestätten unterstützen! Der UNESCO-Gedanke der Solidarität wird hier ganz handfest umgesetzt.

Schutz und Erhalt sind neben der Vermittlung die zentralen Begriffe der UNESCO-Konvention von 1972 – und sie fordern uns auf, uns nicht auf das bloße Konservieren zurückzuziehen, sondern die Weiterentwicklung verantwortungsvoll in den Blick zu nehmen.

Hier in Wismar wie auch in Stralsund mit den eindrucksvollen Altstädten lässt sich die Geschichte der Hansestädte seit der Blütezeit des Städtebundes im 14. Jahrhundert wie in einem Bilderbuch ablesen. Die Erzählung dieses Bilderbuchs ist aber nicht abgeschlossen – sie wird tagtäglich von denjenigen weitergeschrieben, die in der einmaligen historischen Kulisse ihre und unsere Zukunft gestalten, in der Bildung, in der Kultur, in der Wirtschaft.

Ich will die Gelegenheit nutzen, um Ihnen, sehr geehrter Herr Bürgermeister Beyer, und allen heute anwesenden Vertretenden der Hansestadt Stralsund, sehr herzlich zum 20-jährigen Jubiläum der Welterbestätte „Altstädte von Stralsund und Wismar“ zu gratulieren.

Welterbestätten sind geradezu prädestiniert, um als Labore der Nachhaltigkeitswende zu agieren. Nachhaltigkeit, Klimawandel und Klimaresilienz sind Themen, die zahlreiche Welterbestätten umtreiben und die sie zum Gegenstand von Veranstaltungen machen.

Naturerbestätten an Küsten spielen beispielsweise eine wichtige Rolle bei der Speicherung von Kohlenstoff in marinen Ökosystemen und tragen zur Eindämmung des Klimawandels bei. Und mit intelligenten Konzepten für einen nachhaltigen Tourismus und eine nachhaltige regionale Entwicklung können Welterbestätten Vorbilder sein.

Dass vor 50 Jahren ein so wirkungsmächtiges Programm für eine Kultur der Nachhaltigkeit geschaffen wurde, ist ein Grund zum Feiern. Doch Feiern fällt in der aktuellen Situation schwer. Der brutale Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine ist eine humanitäre Katastrophe.

Und er ist Ausdruck einer Barbarei, die kulturelles und natürliches Erbe zerstört und nicht zuletzt sieben Welterbestätten ganz konkret gefährdet. Sie stehen unter dem Schutz der Weltgemeinschaft und das hat auch völkerrechtliches Gewicht.

Der Auftrag, den die UNESCO-Verfassung 1945 an die internationale Staatengemeinschaft gerichtet hat, muss unser Leitbild sein: „Da Kriege im Geiste der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden.“

Umso mehr freue ich mich, dass heute auch junge Menschen auf dieser Bühne zu Wort kommen werden. Das Welterbe liegt in den Händen der heutigen und der nächsten Generation. Es kommt darauf an, dass die junge Generation dieses Erbe annimmt, es sich zu eigen macht, es bewahrt, aber auch belebt, es kritisch reflektiert und mit neuer Energie an die ihr nachfolgenden Generationen weitergibt.

In diesem Sinne möchte ich Ihnen allen für Ihr Engagement danken, insbesondere auch Norbert Huschner, dem Welterbemanager der Stadt Wismar, und seinem Team, die sich mit enormer Energie und Begeisterung für das heutige Programm eingesetzt haben!

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