UNESCO-Welterbe Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen

Einmaliger Einblick ins Leben früherer Agrargesellschaften

Die Prähistorischen Pfahlbauten um die Alpen sind Relikte vergangener Siedlungen aus dem Jungneolithikum, der Bronze- sowie der frühen Eisenzeit. Sie gewähren einzigartige Einblicke in Alltag, Landwirtschaft, Viehzucht und technische Innovationen der frühen Bauern und zählen seit 2011 zum UNESCO-Welterbe. Einbäume, Räder und Wagen erzählen vom Handel und der Mobilität in den frühen Siedlungsgemeinschaften. Zu den bedeutenden Funden gehören die ältesten Radfunde und Textilien Europas aus der Zeit um 3000 vor Christus. Die Fundstellen sind in feuchten Umgebungen gelegen, die ideale Erhaltungsbedingungen für die organischen Materialien Holz, Textilien und Pflanzenreste bieten.

Die Prähistorischen Pfahlbauten sind ein auf den ersten Blick kaum sichtbares Erbe und doch als archäologische Fundgruben von großer Wichtigkeit für das Verständnis früherer Agrargesellschaften in Europa. In einzigartiger Weise geben die Überreste prähistorischer Siedlungen Einblick in Leben und Handelsbeziehungen im Alpenraum sowie in die Anpassung dieser Gesellschaften an ihre Umwelt unter sich verändernden klimatischen Bedingungen. Die Pfahlbaufundstätten geben Aufschluss über die Siedlungsstrukturen der prähistorischen Gesellschaften an den Seeufern über einen Zeitraum von über 4000 Jahren (Aufnahmekriterium v). Dank naturwissenschaftlicher Analysemethoden können Baustrukturen ganzer Siedlungen jahrgenau (Dendrochronologie) datiert und der Werdegang der Dörfer und ihrer Umgebung (Paläoökologie) nachgezeichnet werden.

Die transnationale Welterbestätte umfasst 111 Pfahlbaufundstellen in sechs Ländern um die alpinen und subalpinen Gebiete in Europa. Diese Fundstellen befinden sich unter Wasser, an Seeufern, entlang von Flüssen oder in Feuchtgebieten und bergen Überreste prähistorischer Siedlungen aus der Zeit zwischen 5.000 und 500 vor Christus. Auf Grund ihrer Lage oft kaum noch an der Oberfläche sichtbar, profitieren die Stätten von den durch die feuchten Böden hervorragenden Konservierungsbedingungen für organische Materialien. Dieser archäologische Schatz, erforscht mit Hilfe von Unterwasserarchäologie und der Naturwissenschaften, erlaubt in einzigartiger Weise Einblicke in die Lebensweise der Siedlungsbewohner, die Konstruktionstechniken der Dörfer, der landwirtschaftlichen Entwicklung und der Entstehung der Metallverarbeitung. Somit sind die prähistorischen Pfahlbauten eine der wichtigsten archäologischen Quellen für die Erforschung der Welt der frühen europäischen Agrargesellschaften (Aufnahmekriterium iv). Sie eröffnen die Möglichkeit, die Veränderungen während der Jungsteinzeit und dem Bronzezeitalter in Europa und die Austauschbeziehungen zwischen den Regionen um die Alpen zu verstehen (Aufnahmekriterium iv).

Illustration Welerbestätten

Fakten

Publikation

Welterbe in Deutschland. Deutschsprachige Sonderausgabe der Zeitschrift 'World Heritage', Nr. 76, des UNESCO-Welterbezentrums.
UNESCO; Deutsche UNESCO-Kommission, 2014

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Die sechs Staaten Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich, Schweiz und Slowenien sind gemeinsam für Schutz und Erhalt, Management und Vermittlung der transnatioonalen Welterbestätte verantwortlich. Mehr Informationen zu dieser grenzüberschreitenden Kooperation finden sich im Konferenzbericht Perspectives of Transboundary Cooperation in World Heritage, herausgegeben durch die Deutsche UNESCO-Kommission.

Ein Bewusstsein für den Wert der Welterbestätte und die Notwendigkeit ihres Erhalts zu schaffen, ist im Falle der oftmals schwer zugänglichen und zudem kaum sichtbaren prähistorischen Pfahlbauten eine besondere Herausforderung. Zugleich ist diese Bewusstseinsschaffung von großer Bedeutung, um den langfristigen Erhalt der Stätte und die Weitergabe des durch sie ermöglichten Wissens zu garantieren. Zu den diversen Vermittlungsangeboten der Stätten gehört unter anderem die App „Palafittes Guide“ mit Informationen zu 60 Fundstellen in Bayern, Österreich und der Schweiz. In Baden-Württemberg konnten sich Jugendliche darüber hinaus 2014 und 2015 erstmals in einem einjährigen Kurs zu Pfahlbauten-Multiplikatoren ausbilden lassen.

Publikation

Konferenzbericht: Perspektiven der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Welterbe - Ein Erfahrungsaustausch in und mit Deutschland.
Deutsche UNESCO-Kommission, 2017

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