Auf ein Wort
O-Töne aus dem Welterbe - Das architektonische Werk von Le Corbusier - ein herausragender Beitrag zur Moderne
Friedemann Gschwind
ehemals Beauftragter der Landeshauptstadt Stuttgart für die Weissenhofsiedlung
Der wirksame Schutz von Welterbestätten sowie die Vermittlung des Welterbegedankens und des außergewöhnlichen universellen Wertes des Welterbes sind nur mit dem engagierten Einsatz der Zuständigen vor Ort sowie auf regionaler und nationaler Ebene möglich. Erfahrene Koordinatoren, Manager, Referenten, Beauftragte und so-genannte Focal Points bilden mit ihren Teams das Herzstück der Aktivitäten an Kultur- und Naturerbestätten. Sie zeigen, dass Welterbe mehr ist als bauliche Substanz, gewachsene Landschaften oder Naturräume – Welterbe ist gelebtes Erbe und tägliche Arbeit.
Aus diesem Grund hat sich die Deutsche UNESCO-Kommission auf die Suche nach O-Tönen aus der vielseitigen Gemeinschaft der mit Welterbe betrauten Expertinnen und Experten in Deutschland begeben und ihnen vier Fragen zu ihrer Arbeit, ihren Erfahrungen und Wünschen gestellt.
Zum Zeitpunkt des Interviews war Friedemann Gschwind Beauftragter der Landeshauptstadt Stuttgart für die Weissenhofsiedlung und somit auf kommunaler Ebene verantwortlich für das deutsche Teilgebiet der Welterbestätte Das architektonische Werk von Le Corbusier, welche 2016 in die UNESCO-Welterbeliste aufgenommen wurde.
Seit wann betreuen Sie die Welterbestätte Das architektonische Werk von Le Corbusier und welchen Hintergrund bringen Sie mit?
Auf eine Initiative aus Frankreich hin gab es bereits 2003 erste Kontakte, aus denen sich eine eng zusammenarbeitende internationale Arbeitsgruppe entwickelte. Ich habe Architektur und Stadtplanung studiert und war ab 1999 als Mitarbeiter der Stadt Stuttgart intensiv mit der Einrichtung eines Weissenhofmuseums im Doppelhaus von Le Corbusier befasst. Deshalb war ich mit der Geschichte der Weissenhofsiedlung, dem baulichen Zustand der Häuser und auch mit den denkmalpflegerischen Herausforderungen zur Erhaltung des Erbes der Moderne gut vertraut.
Bei welcher Einrichtung ist das Management Ihrer Welterbestätte angesiedelt, und was sind Ihre Hauptaufgaben?
Das Management liegt beim Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung der Landeshauptstadt Stuttgart. Als untere Denkmalschutzbehörde ist das Amt für denkmalrechtliche Verfahren in Stuttgart zuständig. Das Management für die Häuser von Le Corbusier ist eingebettet in das wissenschaftlich fundierte Gesamtkonzept zur Erhaltung der Weissenhofsiedlung und ihrer verbliebenen Originalhäuser von 1927.
Worin sehen Sie die größte Herausforderung bei Ihrer Arbeit?
Neben den laufenden Herausforderungen auf lokaler Ebene wird es eine besonders wichtige Aufgabe sein, den Zusammenhalt der Serie auf internationaler Ebene zu unterstützen. Angesichts der bisherigen Zusammenarbeit über viele Jahre hinweg hat sich ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zwischen den Beteiligten in den verschiedenen Ländern herausgebildet. Dies ist eine sehr gute Grundlage für die weitere gemeinsame Arbeit, auch über große räumliche Entfernungen hinweg.
Wie arbeiten Sie mit anderen Welterbestätten zusammen, und was würden Sie gerne einmal mit anderen Welterbestätten - oder auch Biosphärenreservaten oder Geoparks - gemeinsam machen?
Die Stadt Stuttgart ebenso wie das Weissenhofmuseum im Haus Le Corbusier sind bereits heute in einer ganzen Reihe von Netzwerken aktiv, die sich dem Erfahrungs-austausch, der wissenschaftlichen Erforschung und der öffentlichen Vermittlung über Gebäude und architektonische Ideen des 20. Jahrhunderts widmen.
Die Möglichkeit, nun mit anderen Welterbestätten der Moderne in Deutschland und in anderen Ländern zu kooperieren, eröffnet eine neue Dimension, ohnehin vorhandene Kontakte zu vertiefen, neue zu gewinnen und auch gemeinsame Projekte anzustoßen.