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Vierter Staatenbericht zu Fortschritten und Entwicklungen im Bereich kultureller Vielfalt veröffentlicht
Mit dem Staatenbericht informiert Deutschland die UNESCO über die Umsetzung der UNESCO-Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen zwischen 2020 und 2023.
Vierter deutscher Staatenbricht "Vielfalt kultureller Ausdrucksformen"
Die Notwendigkeit, Kunst, Kultur und Kulturtätige zu schützen, wurde im Berichtzeitraum 2020 bis 2023 so deutlich wie selten zuvor: Die Covid-19-Pandemie hat den Kulturbetrieb beinahe zum Erliegen gebracht. Kriege und Konflikte schränken künstlerische Freiheiten ein. Die Zahl verfolgter und geflüchteter Kulturtätiger hat stark zugenommen. Auch der Klimawandel, Desinformation und Hass im Netz stellen den Kultursektor vor Herausforderungen. Wie kulturelle Vielfalt in und durch Deutschland angesichts dieser Krisen dennoch erfolgreich geschützt und gefördert wird, zeigt der vierte Staatenbericht beispielhaft anhand von über 100 ausgewählten Maßnahmen und Programmen. Der Bericht beleuchtet insbesondere Fortschritte und Herausforderungen in den Bereichen nachhaltige Entwicklung, Geschlechtergerechtigkeit, Mobilität von Kulturtätigen, digitale Transformation und künstlerische Freiheit. Folgende zentrale Ergebnisse zeigt der Bericht auf:
- Die Covid-19-Pandemie hat den Kultur- und Kreativsektor maßgeblich geprägt. Bund und Länder reagierten mit zahlreichen Programmen, um die Auswirkungen abzufedern und die langfristige Resilienz des Kultursektors etwa durch Digitalisierungsmaßnahmen zu stärken.
- Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz haben im Kultur- und Kreativsektor an Bedeutung gewonnen. Kultur wird zunehmend als wichtiger Faktor für das Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele anerkannt, und es wurden politische Maßnahmen zu ökologischer Nachhaltigkeit und Umweltschutz in Kulturinstitutionen angestoßen.
- Das Bewusstsein für die Notwendigkeit fairer und nachhaltiger Kooperationen mit Ländern des Globalen Südens ist gewachsen. So wurden etwa transkontinentale Partnerschaften zwischen Kultureinrichtungen gestärkt und die Förderung von Koproduktionen und fairer Zusammenarbeit ausgebaut.
- Der Schutz von Kulturtätigen angesichts zunehmender autoritärer Tendenzen bleibt ein wichtiges Handlungsfeld der nationalen und auswärtigen Kulturpolitik. Deutschland hat seine Angebote für verfolgte Kulturtätige und Exilkünstler ausgeweitet. Das große Engagement der Zivilgesellschaft zeigt sich deutlich
Digitale Veranstaltung zur Veröffentlichung des Staatenberichts
Das Auswärtige Amt, die Kultusministerkonferenz der Länder und die Deutsche UNESCO-Kommission stellten den vierten deutschen Staatenbericht „Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“ am 27. Juni 2024 im Rahmen einer digitalen Veranstaltung der Öffentlichkeit vor.
Stefan Rössel, Beauftragter für Auswärtige Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, betonte in seiner Grußrede die Auswirkung von Konflikten und Kriegen, aber auch des Klimawandels und der raschen technologischen Entwicklung auf die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen. Daher habe Deutschland in den vergangenen vier Jahren seine Anstrengungen, kulturelle Vielfalt hierzulande und weltweit zu schützen und zu fördern, intensiviert. Dies sei auch aufgrund des engen Schulterschlusses von Regierung, öffentlichen Einrichtungen und einer unabhängigen und starken Zivilgesellschaft auf nationaler und internationaler Ebene gelungen, wie der Staatenbericht zeigt.
Anschließend stellte Dr. Helga Trüpel, Vorsitzende des Beirats Vielfalt kultureller Ausdrucksformen und des Fachausschusses Kultur der Deutschen UNESCO-Kommission, die zentralen Ergebnisse des Berichts vor. Katherine Heid, Geschäftsführerin der Kulturpolitischen Gesellschaft und Prof. Christian Höppner, Präsident des Deutschen Kulturrates kommentierten die Ergebnisse aus zivilgesellschaftlicher Sicht und diskutierten mit knapp 80 Teilnehmenden aus Kunst, Kultur, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik die Inhalte und Erkenntnisse des Berichts.
Im Mittelpunkt der Diskussion standen Handlungsansätze für die deutsche Kultur- und Gesellschaftspolitik in den kommenden Jahren, insbesondere im Bereich kulturelle Bildung, Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Christian Höppner betonte die wichtige Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Bereitstellung und Verbreitung vielfältiger kultureller Inhalte. Die Stärkung und bessere finanzielle Ausstattung kultureller Bildung als wichtige Voraussetzung für die kulturelle Teilhabe von Kindern, wurde von den Teilnahmenden als wichtiges Ziel der kommenden Jahre formuliert, wobei auch die Vermittlung interkultureller Kompetenzen mehr in den Vordergrund rücken sollte. Es sei zentral, kultureller Bildung wieder mehr Platz in den Lehrplänen der Schulen einzuräumen, so Christian Höppner. Die Sicherstellung der Kunstfreiheit, die in einem eigenen Kapitel im Bericht behandelt wird, sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die im Einklang mit Nachhaltigkeit und vorhandenen Ressourcen erfolgen müsse. Einer der drängendsten Aufgaben der Gesellschaft sei zudem, wie Katherine Heid herausstellte, Nachhaltigkeit. Das zeigt auch der vierte Staatenbericht, der eine Reihe guter Praxisbeispiele liefert, die motivierend für die nachhaltige Transformation des Kultursektors seien. Auch die digitale Transformation sei eine wichtige Herausforderung, die es gegenwärtig anzugehen gelte. Große Potenziale ergeben sich etwa in der Anwendung von Technologien der künstlichen Intelligenz in der kulturellen Bildung. Für den nachhaltigen und ethischen Einsatz von KI sind Medienkompetenz und der Schutz von geistigem Eigentum und Persönlichkeitsrechten unabdingbare Voraussetzungen.
Hintergrund
Der vierte deutsche Staatenbericht zum 2005er UNESCO-Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen wurde seit Frühjahr 2023 in einem partizipativen Prozess mit zahlreichen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren erstellt. Im Sommer 2024 wird er von Deutschland bei der UNESCO eingereicht.
Für die Erstellung des Staatenberichts zuständig sind das Auswärtige Amt (Federführung), die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und die Kulturministerkonferenz unter dem Dach der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder zusammen mit der Deutschen UNESCO-Kommission. Diese koordinierte den Prozess in ihrer Rolle als nationale Kontaktstelle des Übereinkommens.
Das UNESCO-Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen (2005) ist das einzige völkerrechtlich bindende politische Instrument zu zeitgenössischer Kultur und Kreativwirtschaft. Ziel des Übereinkommens ist es, die freie Entfaltung von Kunst und Kultur zu gewährleisten und eine gleichberechtigte weltweite Kulturkooperation zu erreichen. Dafür sichert die Konvention den Vertragsstaaten das Recht auf eine eigenständige Kulturpolitik und öffentliche Kulturförderung zu. Alle vier Jahre berichten über 150 Vertragsstaaten des Übereinkommens und die Europäische Union über Fortschritte bei dessen Umsetzung im Inland und in ihren internationalen Beziehungen. Die zusammengestellten Daten und Informationen unterstützen die evidenzbasierte Politikgestaltung, fördern den Austausch über gute Praxis und tragen so zur Umsetzung der Konvention bei. Sie bilden zudem die wesentliche Basis für den Weltkulturbericht der UNESCO.