Auf ein Wort,
Wir machen blau seit 1612
Cordula Reppe
Blaudruckerin aus Pulsnitz in Deutschland
Karl Wagner
Blaudrucker aus Bad Leonfelden in Österreich
Was ist das Besondere am Blaudruck für Sie persönlich?
Wagner: Bei mir liegt der Blaudruck in der Familie. Wir „machen blau“ seit 1612. Das Handwerk selber ist natürlich auch interessant und immer wieder spannend. Besonders gefällt mir der direkte Kontakt, den wir mit den Kunden haben. Da erhalten wir Anerkennung, da spiegelt sich Deine Arbeit wider. Du präsentierst denen etwas und die Kunden sagen: Es ist schön, es gefällt mir.
Reppe: Ich bin zum Blaudruck gekommen, weil mein Vorgänger mit fast 70 in Rente gehen wollte und keinen Nachfolger hatte. Ich kannte die Werkstatt bereits, da ich dort immer mit Reisegruppen als Leiterin des Stadtmuseums gewesen bin. Das hat mich fasziniert. Und da dachte ich mir: Das Handwerk kannst Du nicht sterben lassen. Also habe ich die Werkstatt übernommen und es bis heute nicht bereut. Ich finde es toll, dass der Blaudruck ein so uraltes Handwerk ist, das alle Zeiten überstanden und sich immer wieder dem Zeitgeschmack und der Mode angepasst hat. Vor allem gibt es so viele Mustermöglichkeiten und damit auch so viele Gestaltungsmöglichkeiten. Es ist kein leichtes Handwerk, es hat viele Tücken – das ist für mich der besondere Reiz.
Wie funktioniert das Handwerk?
Wagner: Wir drucken mit Handmodeln, es gibt auch andere Methoden, aber wir drucken mit der Hand. Dann lassen wir den Druck trocknen. Und dann wird das gefärbt. Anschließend wird der Druck wieder heruntergewaschen, somit bleibt ein eigenes Muster. Dadurch entsteht ein weißes Muster auf blauem Grund. Aber eigentlich muss man das sehen – da erlebt man sprichwörtlich ein „blaues Wunder“. Wir sind im März 2018 in München bei der Sonderschau „Exempla“ im Rahmen der Internationalen Handwerksmesse eingeladen. Da werden wir färben und drucken und ich lade alle Interessierten ein, zu kommen. Wir verkaufen unsere Produkte aus unserer Werkstatt heraus. Käufer kommen zu uns - das sind zum Beispiel Schneidereien oder Heimatwerke. Es ist eine sehr persönliche Geschichte.
Reppe: Das ist bei mir ähnlich. Ich habe auch neben meiner Werkstatt ein Geschäft, wo man direkt in Kontakt mit den Kunden tritt. Ich beliefere aber auch einige Geschäfte oder gehe auf Messen und Märkte, wo ich Kontakt mit Kunden pflege.
War der Blaudruck im 18. und 19. Jahrhundert in Mitteleuropa noch weit verbreitet, wenden heute nur noch wenige Werkstätten die Technik an.Wie können der Erhalt und die Weiterentwicklung dieses Handwerks gelingen?
Wagner: Es ist wichtig, dass man dem Kunden das Bewusstsein gibt, dass dies eine gute Arbeit ist, ein ganz kostbarer Schatz, der sich bei uns in Europa entwickelt hat. Dass es etwas Einzigartiges ist.
Reppe: Diese Einzigartigkeit, die sollte wirklich erhalten bleiben. Es ist auch wichtig, dass wir Blaudrucker zusammenarbeiten. Ich finde es wichtig, dass Handwerk an junge Leute heranzutragen. Ich arbeite auch mit Studenten zusammen - mit Designstudenten, mit Kunststudenten - und es ist schön zu sehen, dass man auch junge Leute für das Handwerk begeistern kann. Am besten zeigt man das Handwerk - es sind immer alle beindruckt, wenn man den weißen Stoff in die Küppe hängt, er sich erst grün verfärbt und dann blau herauskommt. Es macht Freude, das den Leuten zu zeigen.
Warum ist es wichtig, dass auch heutzutage der Blaudruck noch praktiziert wird und das Wissen um das Handwerk weitergegeben wird?
Wagner: Genau weil der Blaudruck über Jahrhunderte weiterentwickelt wurde, haben andere Techniken überhaupt erst entstehen können. Das gilt beispielsweise für den Hochdruck oder den Siebdruck. Wir selbst haben hier im Haus auch eine fast vergessene Drucktechnik wiedergefunden. Mein Urgroßvater hat diese Technik dann weiterentwickelt. Mein Vater und Großvater machten es nicht mehr, da es sehr aufwendig ist. Eine Druck- und Färbetechnik, die verloren gegangen wäre, wenn wir die dazu notwendigen Model nicht durch Zufall wiedergefunden hätten. Und jetzt machen wir das wieder.
Reppe: Für mich ist der Erhalt wichtig, weil es ein so spezielles Handwerk ist, ein richtiges Kunsthandwerk. Bei uns in Deutschland gibt es zum Beispiel Trachtengruppen, die Wert darauf legen, handgefertigte Stoffe zu verarbeiten und auch zu tragen. Wir haben also durchaus sehr viele Interessensgruppen für unsere Produkte
Was verbindet die Blaudrucker aus Österreich, Ungarn, der Tschechischen Republik, der Slowakei und Deutschland miteinander? Warum haben Sie sich entschieden, gemeinsam eine Nominierung bei der UNESCO einzureichen?
Reppe: Wir sind keine Konkurrenten, sondern eine Gemeinschaft. Der Erfahrungsaustausch ist besonders wichtig. Am besten gelingt dies immer in Guttau in Oberösterreich beim jährlichen Färbermarkt am ersten Mai-Wochenende. Wir üben alle das gleiche Handwerk aus, aber stellen trotzdem unterschiedliche Produkte her. Jeder hat seine Handschrift im Drucken oder im Färben. Das ist also nichts, was gleich ist und das ist das Schöne daran. Sich darüber auszutauschen und zu wissen, es gibt auch andere, die Mitstreiter sind, das ist wichtig.
Wagner: Es ist das gleiche Handwerk, die gleiche Arbeit, die gleichen Sorgen. Somit teilen wir auch die gleiche Begeisterung. Die Länder prägen das Handwerk und natürlich auch den Preis. In Ungarn verlangen die Blaudrucker 10 Euro pro Stoff und bei uns sind es bereits 70 Euro. Wir sind keine Konkurrenten, weil jeder anders ist. Jeder hat spezielle Techniken.
Was erhoffen Sie sich von einer Eintragung in die UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes?
Wagner: Für mich persönlich würde das die Wertigkeit des Handwerks und dessen weltweite Anerkennung erhöhen.
Reppe: Durch die Eintragung in die UNESCO-Liste würde das Handwerk des Blaudruckers auch auf internationaler Ebene in seiner Bedeutung anerkannt und hoffentlich auch für künftige Generationen erhalten. Das ist mir wichtig.