Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe
Brauch des Martensmanns
Der Martensmann liefert seit dem Mittelalter jährlich ein Fass Wein aus der Hansestadt Lübeck an die Herzöge von Mecklenburg in Schwerin. Nach der deutschen Wiedervereinigung belebten Bürgerinnen und Bürger den Brauch wieder. Sie betonen damit bis heute ihre regionalen Identitäten.
Seit 1520 belegen Urkunden die Lieferung eines Fass Weins von Lübeck nach Schwerin durch den Martensmann. Ein Dankesschreiben des Grafen von Schwerin weist sogar auf das Jahr 1330 hin. Der historische Ursprung des Brauches ist allerdings verloren gegangen und 1817 einigten sich die Stadt Lübeck und die mecklenburgischen Herzöge darauf, die Lieferung einzustellen. Nach der deutschen Wiedervereinigung suchten Bürgerinnen und Bürger nach historisch-kulturellen Gemeinsamkeiten der geteilten Region und fanden sie in dem Martensmann.
Jedes Jahr am 09. November belädt der Martensmann in Lübeck seine Kutsche mit einem 100-Liter-Fass Wein und macht sich auf den Weg nach Schwerin. Als Lübecker Ratsdiener trägt der Martensmann eine historische Tracht, eine Laterne und eine Geldkatze. Unterwegs hält er in Schönberg und Rehna und wird mit Volksfesten begrüßt, bei denen der Wein aus dem Fass verkostet wird. Nach einem letzten Fest am 10. November in Schwerin, überreicht der Martensmann das Fass Wein an den Oberbürgermeister von Schwerin.
Der Brauch ist ein Symbol für die lebendige Bürgergesellschaft. Die Wiederaufnahme im Jahr 1991 und das Interesse der Bevölkerung in der wiedervereinigten Region zeigen die Bedeutung des Martensmanns als historische und zeitgenössische Identifikationsfigur. Der länderübergreifende Brauch ist Bindeglied für Kontakte von Kommunen, Vereinen und Menschen aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Der Brauch folgt festen Regeln und bietet dennoch an den Reisestationen Spielraum für neue Ideen. So bleibt der Martensmann weiter lebendig.