Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe

Sächsische Knabenchöre

In vielen Teilen Deutschlands wie auch in anderen Ländern gibt es Knabenchöre von langer Tradition und besonderer Klasse. Seit dem 13. Jahrhundert bestehen in Sachsen drei Knabenchöre mit der Hauptaufgabe, Gottesdienste musikalisch zu gestalten: der Thomanerchor an der Thomaskirche in Leipzig, der Kreuzchor an der Kreuzkirche in Dresden und die Dresdner Kapellknaben an der Kathedrale in Dresden.

Illustration Immaterielles Kulturerbe

Fakten

  • Aufnahmejahr: 2014
  • Verbreitung: Sachsen
  • Zentraler Termin: ganzjährig
  • Bereich: Mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen; darstellende Künste

Kontakt

Musica Sacra Saxoniae-Stiftung zu Dresden
Stephan Zimmer
E-Mail
Homepage

Der spezifische Klang des Knabenchors, bei dem die Sopran- und Altstimmen von Knaben, die Tenor- und Bassstimmen von jungen Männern gesungen werden, wurde unter Förderung durch die kursächsischen Landesherren und die sächsischen Städte seit dem 16. Jahrhundert von hochrangigen Musikern geleitet, die eigens dafür Werke unter Berücksichtigung der besonderen örtlichen akustischen Bedingungen schufen. Dies gilt für die Motetten und geistlichen Chorwerke des Dresdner Hofkapellmeisters Heinrich Schütz oder die Kantaten und Oratorien des Thomaskantors Johann Sebastian Bach in Leipzig. Diese Tradition wurde in den folgenden Jahrhunderten von Thomaskantoren, Kreuzkantoren und Hofkapellmeistern fortgeführt.

Die drei Knabenchöre sind auch heute noch ihren früheren Kantoren und Kapellmeistern besonders verpflichtet und führen die musikalische Tradition in individueller Schwerpunktsetzung fort. Ergänzt wird die Traditionspflege durch Aufführungen neuer Werke, die speziell für den jeweiligen Chor komponiert werden. Die musikalischen Leiter dieser Chöre treten auch heute mit eigenen Kompositionen hervor, prominentes Beispiel ist der frühere Kreuzkantor Rudolf Mauersberger.

"Sie bezeugen stellvertretend für andere Bewerbungen den hohen Stellenwert der Musikkultur in Sachsen."

Prof. Dr. Dr. Sabine Freifrau von Schorlemer, Sächsische Kunstministerin a.D., UNESCO-Lehrstuhlinhaberin und DUK-Mitglied

Ungeachtet der nach der Reformation unterschiedlichen liturgischen Verpflichtungen verlief die musikalische Entwicklung aller drei Chöre vergleichsweise parallel. Für die Auswahl der musikalischen Leiter und die zur Aufführung gelangenden Komponisten waren konfessionelle Überlegungen nicht vordergründig. Die drei sächsischen Knabenchöre haben die politischen Umbrüche und Systemwechsel des 20. Jahrhunderts überstanden. Alle drei Chöre unterhalten jeweils ein Internat und sind mit einem Gymnasium verbunden, an denen jeweils zwischen 100 und 150 aktive Sänger im Alter zwischen zehn und 19 Jahren unterrichtet und ausgebildet werden. Die Sänger werden nach Maßstab des Talents ausgewählt, konfessionelle oder religiöse Vorgaben gibt es nicht.

Der liturgische Gesang spielt für die Knabenchöre heutzutage nach wie vor eine wesentliche Rolle. Die Kreuzchorvespern und die Gottesdienste in der Dresdner Hofkirche mit den Kapellknaben ziehen jedes Jahr zehntausende von Zuhörern an, ebenso wie die Motetten- und Oratorienaufführungen sowie Gottesdienste der Thomaner in Leipzig. Die Chöre sind ein Bestandteil des Musiklebens ihrer Stadt und werden durch zahlreiche Einladungen zu Auslandsreisen auch international beachtet.

Publikation

Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe - Jubiläumsausgabe.
Deutsche UNESCO-Kommission, 2023

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