Auf ein Wort,
Ruhe und Erholung pur an der Elbe
Anke Hollerbach
Leiterin des Dezernats Gebietsmanagement im Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe (Mecklenburg-Vorpommern)
Fünf Bundesländer übergreifend, fasst das UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe eine einzigartige Natur- und Kulturlandschaft zusammen. Der Flusslauf wird umrahmt von den größten zusammenhängenden Auenwäldern Mitteleuropas – eine intakte Landschaft für Ruhe und Erholung. Anke Hollerbach, Leiterin des Dezernats Gebietsmanagement im Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe (Mecklenburg-Vorpommern), spricht im Interview über die Herausforderungen der länderübergreifenden Zusammenarbeit beim Management des Biosphärenreservats und die Ziele der derzeit beginnenden Evaluierung.
Frau Hollerbach, wie kam es 1997 dazu, dass das Biosphärenreservat auf die gewaltige Länge von 400 Kilometern ausgedehnt wurde, in fünf Bundesländern?
Nach der Wende wurde schnell klar, dass die noch so intakte und naturnahe Flusslandschaft an der Elbe auf jeden Fall in irgendeiner Form bewahrt werden muss. Es geht um den Natur- und Kulturraum Elbe als Ganzes, und daher war die UNESCO-Anerkennung als Biosphärenreservat offensichtlich anzustreben. Deshalb wurde das bestehende Biosphärenreservat an der Mittelelbe in Sachsen-Anhalt, welches bereits seit 1979 unter anderem Namen bestand, bundesländerübergreifend erweitert.
Was sind die besonderen Chancen und Herausforderungen eines solch großen Biosphärenreservats?
Die Herausforderungen sind vor allem praktischer Art. Der Aufwand ist groß, wenn man an der Elbe entlang von 400 Kilometern zusammenarbeitet. In den einzelnen Bundesländern stehen ja auch ganz unterschiedliche Verwaltungsstrukturen hinter dem Gebiet. Eine große Chance und sehr befruchtend ist für mich hingegen, wenn man regelmäßig über seinen eigenen Tellerrand schaut. Wir müssen und dürfen uns dauernd mit anderen Ideen und Ansätzen auseinandersetzen.
Wie arbeiten Sie zwischen den Bundesländern konkret zusammen?
Die sogenannte Länderarbeitsgruppe Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe setzt sich zusammen aus Vertretern der Ministerien und den Leitern der Biosphärenreservate. Sie trifft sich zwei Mal im Jahr und alle zwei Jahre wechselt der Vorsitz zwischen den vier beteiligten Bundesländern. Schleswig-Holstein hat keine eigene Verwaltung für sein Teilgebiet. In der Arbeitsgruppe besprechen wir vor allem übergreifende Themen, für einzelne Fachthemen arbeiten wir zu zweit, dritt oder viert in eigenen Arbeitsgruppen mit den jeweiligen Bearbeitenden der Verwaltungsstellen.
Derzeit beginnt die Evaluierung der UNESCO des Biosphärenreservats – also eine Evaluierung eines riesigen Gebiets von knapp 3.500 Quadratkilometern?
Richtig. Wir, also die Länderarbeitsgruppe, zurzeit unter dem Vorsitz Niedersachsens, haben einen Auftragnehmer beauftragt, der Beiträge aus allen Bundesländern sammelt und zusammenfügt zu einem konsistenten Bericht. Besonders schwierig ist für uns, die Informationen für so ein großes Biosphärenreservat wie gefordert auf 50 Seiten zu verdichten. 2018 wird die Evaluierung abgeschlossen sein.
Welche Impulse erwarten Sie sich aus der Evaluierung für Ihre Arbeit der nächsten 10 Jahre?
Der Blick von außen auf die eigene Arbeit ist immer spannend. Neulich tagte hier das MAB-Nationalkomitee und dies allein schon zeigte manchem unserer Partner, dass wir in ein Weltnetz eingebunden sind – was die Bedeutung dieses Biosphärenreservates noch mal gestärkt hat.
Hier in Mecklenburg-Vorpommern waren Sie ja bis vor ein paar Jahren in einer schwierigen Situation. Worin bestand diese genau, und wie haben Sie sie gelöst?
Die erste Evaluierung der UNESCO 2007 hatte es sehr deutlich gemacht, dass Mecklenburg-Vorpommern gar kein richtiges Biosphärenreservat besaß. In Mecklenburg war 1998 per Verordnung ein Naturpark eingerichtet worden, der dann immer als Teil des Biosphärenreservates fungierte, mit geringer personeller und finanzieller Ausstattung. Die erste Evaluierung kritisierte dies deutlich, und auch, dass die Ausstattung nicht ausreicht für die Bewältigung der vielen Aufgaben. Nun sind Biosphärenreservate in Mecklenburg-Vorpommern üblicherweise per Gesetz festgesetzt und ein neues Gesetz zu verabschieden ist natürlich sehr aufwändig. Aber genau dieser Weg wurde für die mecklenburgische Elbe entschieden. Das Gesetzgebungsverfahren startete 2009 mit den ersten Vorarbeiten und das Gesetz trat zum 1. Februar 2015 in Kraft. Besonders an diesem Verfahren war der Dialog mit der Bevölkerung – schon vor Befassung im Parlament! Wir haben die ersten Entwürfe mit den verschiedensten Interessengruppen diskutiert und der Dialog resultierte in vielen Änderungen, die in den Referentenentwurf einflossen, der dann erneut unter breiter öffentlicher Beteiligung diskutiert und auch geändert wurde. Aufgrund dieser vielen Gespräche und der langen Vorarbeit kam es dann aber zu einem beeindruckenden Ergebnis – einem einstimmigen Beschluss im Parlament. Wir haben also sehr lange intensiv gearbeitet, aber im Ergebnis eine breite Unterstützung politisch und vor Ort erreicht. Für diese Unterstützung war aber ebenso entscheidend, dass die Menschen aufgrund unserer vermittelnden Rolle in der Region stärker zusammen gefunden haben und dass sie echten Mehrwert durch das Biosphärenreservat erleben.
Warum gibt es die enge Verzahnung mit dem Biosphärenreservat Schaalsee?
Die politische Entscheidung für das Biosphärenreservat 2008 war an die Bedingung geknüpft, wegen der räumlichen Nähe zwischen Zarrentin (von wo aus der Schaalsee verwaltet wird) und Boizenburg an der Elbe – die Distanz beträgt nur 30 Kilometer – beide Gebiete gemeinsam in einem Amt zu verwalten. Und tatsächlich ergeben sich viele Synergieeffekte.
Was zeichnet die Mecklenburgische Elblandschaft als Lebensraum aus?
Einmalig ist das Nebeneinander von sehr trockenen Lebensräumen und sehr feuchten Lebensräumen. Wir haben ja große oft feuchte Grünlandbereiche, die durch wechselnden Wasserstand geprägt sind, und direkt daneben trockene Sanddünen. An diese sehr unterschiedlichen Ökosysteme sind sehr unterschiedliche Arten gebunden. Der Weißstorch ist ein beliebter Vogel, den wir hochhalten, aber auch Biber und Otter fühlen sich wohl. Daneben gibt es aber auch ganz besondere und seltene Arten, zum Beispiel die Sandsilberscharte oder den Ameisenlöwen.
Und als Lebensraum des Menschen?
Entlang der Elbe gibt es eine sehr ruhige Landschaft. Sie ist vielleicht nicht spektakulär, aber sobald die meisten Menschen hier angekommen sind, finden sie es unheimlich schön und berührend. Wir sind touristisch noch nicht überlaufen, auch das trägt dazu bei, dass man hier Ruhe und Erholung pur hat.