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Aktiv für Erinnerung und Demokratie – Vortrag zum Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963–65)
Über 150 Schülerinnen und Schüler mehrerer Berufskollegs kamen am 29. Januar 2024 für eine Vortragsveranstaltung mit Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard zum ersten Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963-1965) am Robert-Wetzlar-Berufskolleg in Bonn zusammen.
Gemeinsam setzten die Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrkräften und der Bonner Oberbürgermeisterin Katja Dörner und Dr. Roman Luckscheiter, Generalsekretär der Deutschen UNESCO-Kommission, ein Zeichen für die aktive Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und für eine demokratische und vielfältige Gesellschaft.
Das Robert-Wetzlar-Berufskolleg als UNESCO-Projektschule in Bonn und die Deutsche UNESCO-Kommission hatten die Vortragsveranstaltung mit dem Vorsitzenden des deutschen Nominierungskomitees für das UNESCO-Programm „Memory of the World“ Professor Dr. Joachim-Felix Leonhard am 29. Januar 2024 organisiert. Die Veranstaltung fand zum Gedenken an die Opfer des Holocausts und der nationalsozialistischen Verfolgung im Kontext des Gedenktages des 27. Januar statt. Herr Professor Leonhard beleuchtete in seinem Vortrag die juristische und gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Nationalsozialismus von 1945 bis 1965. Dabei ging er zunächst auf die Nürnberger Prozesse gegen die NS-Hauptkriegsverbrecher nach 1945 und den Jerusalemer Eichmann-Prozess ein. Zugleich berichtete er auch von den gesellschaftlichen Widerständen gegen die Aufarbeitung der Verbrechen. Im Zentrum seines Vortrags stand der durch den hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer vorbereitete erste Frankfurter Auschwitz-Prozess, den Leonhard als damaliger Oberstufenschüler im März 1965 an einem Prozesstag im Gerichtsgebäude gemeinsam mit seinen damaligen Mitschülerinnen und Mitschülern beobachten konnte.
Die heutigen Schülerinnen und Schüler der fünf Bonner Berufskollegs folgten Leonhards Schilderung seiner Eindrücke des Prozesstags ebenso wie den drei Tonmitschnitten der Stimmen und Aussagen von überlebenden Zeuginnen und Zeugen des Grauens von Auschwitz mit hoher Aufmerksamkeit. Im Anschluss an den Vortrag richteten die Schülerinnen und Schüler ihre Fragen an Professor Leonhard, so etwa zu seiner Wahrnehmung des Verhaltens der angeklagten Täter im Gerichtssaal, der gesellschaftlichen Situation in den 1960er Jahren und der Bedeutung der Tonmitschnitte des Auschwitz-Prozesses für die Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen heute und in Zukunft. In diesem Kontext unterstrich Leonhard auch die Bedeutung der 2017 erfolgten Aufnahme der Verfahrensunterlagen und Tonbandaufnahmen in das Weltdokumentenerbe der UNESCO. In seiner früheren Funktion als Direktor der Stiftung Deutsches Rundfunkarchiv hatte er die Digitalisierung der bereits stark angegriffenen Tonbänder des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses in Kooperation mit dem Hessischen Hauptstaatsarchiv und dem Fritz Bauer Institut maßgeblich unterstützt.
An der Veranstaltung am 29. Januar 2024 nahmen Schülerinnen und Schüler aus insgesamt fünf Berufskollegs aus Bonn teil, dem Robert-Wetzlar-Berufskolleg, dem Ludwig-Erhard-Berufskolleg, dem Heinrich-Hertz-Europakolleg, dem Friedrich-List-Berufskolleg und dem Berufskolleg des Rhein-Sieg-Kreises Bonn-Duisdorf. Julian Anselm, der Schulleiter der gastgebenden UNESCO-Projektschule eröffnete die Veranstaltung, die durch die UNESCO-Schulkoordinatorin Juliane Anspach moderiert wurde. Mit ihrem Grußwort unterstrich Oberbürgermeisterin Katja Dörner, dass es gerade heute darauf ankomme, mutig, wachsam und leidenschaftlich für eine „Gesellschaft ohne Hass und Hetze“ einzutreten. In diesem Sinne erwähnte sie auch das ermutigende Zeichen der aktuellen Demonstrationen für Vielfalt und Demokratie sowie die Gedenkveranstaltungen der zurückliegenden Tage für die Tausenden Bonner Opfer der mörderischen Verbrechen des Nationalsozialismus. Dr. Roman Luckscheiter verdeutlichte den von Beginn an bestehenden Einsatz der UNESCO für eine Bildung des Friedens nach der Katastrophe des Holocaust und des Zweiten Weltkriegs und die Bedeutung der Programme der Welterbestätten und des Weltdokumentenerbes. In diesem Kontext unterstrich er auch die Möglichkeiten der Bildungsarbeit und der UNESCO-Projektschulen im Einsatz gegen Diskriminierung, Antisemitismus und Rassismus.
Zum Hintergrund
Der erste Frankfurter Auschwitz-Prozess (1963-1965) rückte den millionenfachen Mord der Nationalsozialisten an Juden, Minderheiten und politischen Gegnern erstmals in seinem gesamten Umfang in das Blickfeld der deutschen Öffentlichkeit. Die Prozessunterlagen mit 456 Aktenbänden und 103 Tonbändern des Gerichtsprozesses gehören seit 2017 zum Weltdokumentenerbe der UNESCO.
Zu den Tonbandmitschnitten
https://www.fritz-bauer-institut.de/tonmitschnitte-auschwitz-prozess