Rede,
Fachtagung der UNESCO-Projektschulen 2019
Prof. Dr. Maria Böhmer
Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission
Rede anlässlich der Eröffnung der Fachtagung der UNESCO-Projektschulen am 17. September 2019, Rathaus Kassel
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Friedrich,
sehr geehrter, lieber Herr Staatsminister Professor Lorz,
sehr geehrter, lieber Herr Bundesbeauftragter Jahn,
sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher Zeidler,
sehr geehrter, lieber Herr Abels,
sehr geehrter Präsident der Universität Kassel Professor Finkeldey,
sehr geehrte Anwesende,
liebe Koordinatoren und Koordinatorinnen des UNESCO-Schulnetzwerks in Deutschland,
liebe Schülerinnen und Schüler der UNESCO-Projektschulen,
ich freue mich sehr, heute hier gemeinsam mit Ihnen allen die deutschlandweite Fachtagung des Netzwerks der UNESCO-Projektschulen zur „Demokratiebildung in einer Welt der Umbrüche“ im Rathaus der Stadt Kassel zu eröffnen. Bereits 2017 war ich bei der Eröffnung der damaligen Fachtagung der UNESCO-Projektschulen in Dillingen als Staatsministerin im Auswärtigen Amt dabei – und freue mich so auch heute wieder dabei zu sein.
Das Netzwerk der UNESCO-Projektschulen liegt mir als Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission und als Erziehungswissenschaftlerin und Pädagogin besonders am Herzen.
Der Stadt und der Universität Kassel sowie allen, die zum Programm des heutigen wie auch der folgenden Tage beitragen haben, danke ich als Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission sehr herzlich.
Vor 30 Jahre gingen die Menschen der ehemaligen DDR mutig und klar für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte auf die Straßen. Ihre Montagsdemonstrationen halfen, dass das Wunder der Demokratie – die Friedliche Revolution in der DDR – gelang.
Das erste Transparent der ersten Montagsdemonstration am 4. September 1989 trug die Überschrift „Für ein offenes Land mit freien Menschen“.
Die Worte dieses Transparents berühren uns auch heute tief. Sie erinnern uns, worum es vor 30 Jahren ging.
Diese Erinnerung und Auseinandersetzung ist auch für die Zukunft wichtig. Daher freue ich mich sehr, dass auch sie Herr Jahn uns heute hier mit Ihrer Anwesenheit beehren. Herzlichen Dank für Ihre besondere Bereitschaft zum Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern und uns allen am heutigen Abend.
Der Umbruch des Jahres 1989 stellt uns die Kraft der Demokratie immer wieder neu und eindrucksvoll vor Augen! Mutige Menschen, die für ihre Bürgerrechte und die Meinungsfreiheit eintreten, können die Welt gestalten und zum Besseren verändern – damals wie heute.
Die Hoffnung auf die Demokratie lebt auch in der Gegenwart – wie die Proteste dieses Sommers in Moskau und Hongkong oder auch die Bürgermeisterwahl in diesem Juni in Istanbul deutlich unterstreichen.
Die internationalen Entwicklungen ebenso wie die in unserem eigenen Land machen uns allen unmissverständlich klar: Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit!
Es geht darum, dass wir sie uns immer wieder neu erarbeiten. Demokratie will täglich neu gelebt werden, damit sie sichtbar, erfahrbar und wirksam wird! Gerade die Schulen als Orte der Demokratiebildung und Wertevermittlung sind hierbei von zentraler Bedeutung. Demokratie- und Menschrechtsbildung sind zentrale Aspekte einer qualitativ hochwertigen Bildung.
Hierfür treten die UNESCO und die Deutsche UNESCO-Kommission mit ihrem spezifischen Auftrag für die Bildungsagenda 2030 in besonderer Weise ein.
Bei aller Betonung der positiven Kraft der Demokratie gilt es zugleich, die Abgründe des Populismus, des Hasses, der Unterdrückung der Menschenrechte und der autoritären Systeme wahrzunehmen. Heute sind wir an vielen Stellen dieser Welt damit in neuer und gefährlicher Weise konfrontiert.
Beim Abgrund des Hasses denken wir hier in Kassel gemeinsam und mit besonderem Erschrecken auch an die Ermordung Walter Lübckes vor drei Monaten. Herr Lübcke trat als Kasseler Regierungspräsident entschieden für die Offenheit und Humanität unseres Landes ein. Er gehört damit zu den bleibenden Vorbildern unseres Staates.
Lassen Sie mich in diesem Kontext auch an Halit Yozgat erinnern, der in Kassel im April 2006 durch die NSU-Terrorgruppe erschossen wurde. Das Erschrecken über das Treiben dieser neonazistischen Mörderbande erlebte ich nach ihrer Enttarnung im November 2011 hautnah als damalige Staatsministerin und Integrationsbeauftragte der Bundesregierung. Und diese Taten erschüttern uns immer wieder. Daher sage ich klar: Für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ist kein Platz in unserem Land.
Gegen den Abgrund des Hasses gilt es, sich mit Leidenschaft und Ausdauer für die Demokratie und Weltoffenheit unseres Landes einzusetzen. Zurecht hat Bundespräsident Steinmeier daher zu „republikanischer Leidenschaft und Zuversicht“ für die Demokratie aufgerufen.
Ich bin froh und stolz, dass auch unsere fast 300 UNESCO-Projektschulen für diese Leidenschaft im ganzen Land einstehen. Und auch unsere diesjährige Fachtagung zur Demokratiebildung ist ein starkes Signal, dass das Schulnetzwerk sich dafür mit aller Kraft einsetzt. Dafür danke ich allen sehr herzlich, die hierzu beitragen und die UNESCO-Projektschulen unterstützen. Dem Auswärtigen Amt und dem Land Hessen danke ich ganz besonders für die finanzielle Förderung dieser Fachtagung.
Zugleich danke ich auch Ihnen persönlich, Herr Staatsminister Lorz, und erinnere mich gerne an unser Gespräch bei Ihnen in Wiesbaden.
Ihr großes Engagement für die UNESCO-Projektschulen drückt sich dankenswerterweise nicht nur in Ihren Worten und der finanziellen Förderung der Fachtagung aus. Ich habe mich sehr gefreut, dass Sie bereit waren, Herrn Schilling für vier Jahre als Bundekoordinator der UNESCO-Projektschulen an die Deutsche UNESCO-Kommission zu entsenden. Dies ist ein starkes Signal. Herzlichen Dank.
Ich bin überzeugt, dass der von Seiten der Deutschen UNESCO-Kommission vorangetriebene Kurs der Erneuerung, Stärkung und Professionalisierung der Bundeskoordination der UNESCO-Projektschulen mit der gemeinsamen Tandemleitung von Frau Hanke und Herrn Schilling gute Früchte tragen wird.
Auch in Zukunft werde ich Sie alle gerne dabei unterstützen, die wertvolle Arbeit der UNESCO-Projektschulen überall vor Ort und in den Ländern zu stärken und zu fördern.
Zuletzt möchte ich ausdrücklich auch für die Arbeit zur Überarbeitung des Qualitätspapiers der UNESCO-Projektschulen danken. Herzlichen Dank auch hier Ihnen allen für die Arbeit der AG und der Konsultation. Ausdrücklich möchte ich hier auch Frau Steinkamp für ihren Einsatz für das UNESCO-Schulnetzwerk danken.
Die Deutsche UNESCO-Kommission setzt auch weiterhin auf das UNESCO-Schulnetzwerk. Auch in Zukunft brauchen wir jede und jeden Einzelnen von Ihnen als Schul- und Landeskoordinatoren als starke Partner innerhalb der UNESCO-Landschaft.
Zumindest kurz möchte ich an dieser Stelle dabei auch deutlich machen, dass wir uns über möglichst viele Bewerbungen Ihrer Schulen für das DBU-Projekt zur Nachhaltigkeitsbildung sehr freuen würden.
Herzlichen Dank für das leidenschaftliche Engagement von Ihnen allen für Demokratie, Nachhaltigkeit und Weltoffenheit!
Lassen Sie mich zum Abschluss noch einmal den großen Bogen zurück zur Friedlichen Revolution in 1989 schlagen. In seiner diesjährigen Rede zum Jahrestag des Mauerbaus führte Bundespräsident Steinmeier aus:
„Die Friedlichen Revolutionäre suchten den Weg nach vorn, in ein offenes Europa, heraus aus der Erstarrung, aus der Isolation durch schwer bewachte Grenzen.
Demokratie und Freiheit haben damals gesiegt – nicht Nationalismus und Abschottung! Das war unser historisches Glück, dafür dürfen wir dankbar sein, aber vor allem: Dafür kämpfen wir auch in Zukunft!“
Ich danke Ihnen allen, dass Sie alle und das gesamte Netzwerk der UNESCO-Projektschulen entschieden für die Demokratiebildung in einer weltoffenen Gesellschaft eintreten.
Viel Erfolg und alles Gute für die Fachtagung 2019 in Kassel.