Rede,

Urkundenübergabe zur Aufnahme von Orgelbau und Orgelmusik in die Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit

Porträt von Prof. Dr. Maria Böhmer

Prof. Dr. Maria Böhmer
Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission

Sehr geehrter Herr Generalsekretär Schwennicke,
sehr geehrte Beauftrage für Internationale Kulturpolitik im Auswärtigen Amt, liebe Frau Fellner,  
sehr geehrte Orgelbauerinnen und Orgelbauer,
sehr geehrte Orgelmusikerinnen und Orgelmusiker,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

einige der hier Anwesenden erinnern sich sicher an die Eröffnung der Hamburger Elbphilharmonie am 11. Januar 2017: Die Echo-Klassik-Preisträgerin Iveta Apkalna brachte die 4.765 Pfeifen der Klais-Orgel zum Erklingen. Es war ein so einzigartiges Erlebnis, dass wir alle verstanden haben: Der Orgelbau und die Orgelmusik haben nicht nur eine reiche Vergangenheit. Sie haben eine strahlende Gegenwart und eine große Zukunft auch in den modernsten Konzertsälen! Zuhause in Riga und Berlin, tritt Iveta Apkalna weltweit mit führenden Orchestern und Dirigenten auf. Ihre große Leidenschaft ist die Orgelliteratur von heute. Als besondere Ehre wurde sie zur Titularorganistin dieser brandneuen Orgel berufen.

Es ist eindrucksvoll anzusehen, wie sich die Orgel in der Elbphilharmonie über vier Stockwerke in den Raum des neuen Konzertsaals einfügt: Eine Orgel, die nicht weit weg über den Köpfen der Zuhörer schwebt, sondern dicht bei den Menschen steht, in, neben und hinter den terrassenförmig angeordneten Zuschauerrängen. Einige der Pfeifen sind sichtbar und berührbar im Raum angebracht. Dahinter stecken zehn Jahre Planung und 25.000 Stunden Arbeit eines fünfzig-köpfigen Teams!

Mit dem Orgelbau und der Orgelmusik hat das UNESCO-Komitee für das Immaterielle Kulturerbe im selben Jahr, Ende 2017, den Bau und das Spiel von Orgeln als Kulturerbe der Menschheit gewürdigt. Orgelbau und Orgelspiel haben in Deutschland eine große, über Generationen gepflegte und weltweit beachtete Tradition. Viele deutsche Orgelbaubetriebe bauen in Kirchen und Konzerthäusern der ganzen Welt mit großem Können wunderbare Orgeln. Aber die Orgel ist ein kosmopolitisches Instrument. Orgelbau und Orgelspiel sind in vielen Ländern zu Hause. Ich erinnere hier nur an die großen Traditionen zum Beispiel in Frankreich, Polen, Italien oder Österreich. Und Organistinnen und Organisten sind sowieso in der ganzen Welt zuhause – das Beispiel von Iveta Apkalna zeigt es!

Was oft vergessen wird: die Orgel hat ihren Ursprung in Afrika: Es heißt, sie wurde ungefähr 250 Jahre vor unserer Zeitrechnung in Alexandria, der ägyptischen Hafenstadt am Mittelmeer, von Ktesibios, dem Sohn eines Barbiers, erfunden. Jahrhundertelang war sie ein weltliches Instrument, bevor sie in den Kirchen ihre wichtige und prägende Rolle entfaltete.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass sich die Begeisterung für den Orgelbau und das Orgelspiel durch die Anerkennung der UNESCO auf noch viel mehr Menschen überträgt. In der Musik und im Handwerk wurde immer schon über Grenzen hinweg gearbeitet und gedacht. Daher hoffe ich auch, dass in einigen Jahren hinter dem Eintrag „Orgelbau und Orgelmusik“ auf der UNESCO-Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit neben Deutschland noch weitere Länder stehen! Die Deutsche UNESCO-Kommission, in deren Namen ich Ihnen ganz herzlich zur erfolgreichen Eintragung gratulieren darf, steht dabei gerne unterstützend zur Verfügung.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

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