Pressemitteilung,
Noch immer mindestens 750 Millionen Analphabeten weltweit
Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission fordert anlässlich des Weltalphabetisierungstags mehr Angebote für Analphabeten in Deutschland
Mindestens 750 Millionen Erwachsene* weltweit haben keine grundlegenden Lese- und Schreibkenntnisse. Zwei Drittel von ihnen sind Frauen und 102 Millionen junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren. Damit hat sich die Lage im Vergleich zum Jahr 2017 kaum verbessert. Viele der weltweit 192 Millionen Erwerbslosen finden keine Arbeit, weil ihnen grundlegende Fähigkeiten fehlen. Darauf macht die UNESCO anlässlich des Welttags der Alphabetisierung am 8. September aufmerksam.
„Auch in Deutschland ist Analphabetismus ein Problem. Zwölf Prozent der Berufstätigen in Deutschland können nicht richtig lesen und schreiben. Ein beruflicher Aufstieg bleibt ihnen daher meist verwehrt. Wir müssen dringend in die Lese- und Schreibfähigkeiten dieser funktionalen Analphabeten investieren, genauso wie in die Alphabetisierung junger Menschen. Nur so können wir sicherstellen, dass niemand abgehängt wird“, betont Prof. Dr. Maria Böhmer, Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission.
„Mit der Globalen Nachhaltigkeitsagenda hat sich die Weltgemeinschaft verpflichtet, bis zum Jahr 2030 allen Menschen weltweit Lese- und Schreibkompetenzen zu vermitteln. Das gilt auch für Deutschland. Wir benötigen vor allem mehr niedrigschwellige Lernmöglichkeiten und Beratungsangebote, um Analphabeten hierzulande wenigstens das Erreichen des Grundbildungsniveaus zu ermöglichen. Die von Bund, Ländern und wichtigen gesellschaftspolitischen Partnern getragene Nationale Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung ist hier ein wichtiger Anfang. Aber es muss noch mehr getan werden. Auch die Alphabetisierung der zu uns geflüchteten Menschen ist eine wichtige Voraussetzung für ihre gesellschaftliche Teilhabe und muss daher zügig umgesetzt werden“, fordert Böhmer.
UNESCO-Alphabetisierungspreise für Projekte in Kanada, Kolumbien, Jordanien, Pakistan und Südafrika
Wie Schreib- und Lesekompetenzen erfolgreich vermittelt werden können, zeigen die in diesem Jahr mit den UNESCO-Alphabetisierungspreisen ausgezeichneten Projekte aus Afghanistan, Iran, Nigeria, Spanien und Uruguay. Die Preise sind mit insgesamt 100.000 US-Dollar dotiert.
Bildung für ausgeschlossene Frauen und Mädchen (Afghanistan): Dieses Programm von Aid Afghanistan for Education soll Frauen und Mädchen Lernchancen außerhalb des formalen Bildungssystems ermöglichen. Es bietet ihnen eine zweite Chance, ihre Schul- oder Berufsschulbildung abzuschließen, um Arbeit aufzunehmen oder ein eigenes Unternehmen zu gründen.
Alphabetisierung und Computerkenntnisse (Iran): Diese Initiative der Literacy Movement Organisation setzt sich für die Alphabetisierung von Frauen und Mädchen in ländlichen Regionen, von Minderheiten, Fabrikarbeitern und Häftlingen ein. Sie vermittelt den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zudem grundlegende Computerkenntnisse.
Bildungsprogramm für Häftlinge (Nigeria): Das Alphabetisierungs- und Berufsbildungsprogramm der nigerianischen Haftanstalten soll Haltungen, Werte und Verhalten der Häftlinge verändern, um ihnen eine Reintegration in die Gesellschaft zu erleichtern.
Spanisch als Zweitsprache für Immigranten (Spanien): Die Initiative der Stiftung Elche Acoge hilft Immigranten bei der Integration durch die Vermittlung von Spanischkenntnissen und weiteren Fähigkeiten.
Immer Lernen (Uruguay): Immer Lernen wurde vom Kultur- und Bildungsministerium in Uruguay ins Leben gerufen. Es ermöglicht Häftlingen Schreib- und Lesekompetenzen sowie Fähigkeiten für den Arbeitsmarkt zu erwerben.
* Erwachsene sind in dieser Statistik Menschen, die 15 Jahre oder älter sind.
Hintergrundinformationen
Eine universelle Alphabetisierung ist für den sozialen und wirtschaftlichen Fortschritt von grundlegender Bedeutung. Mit Ziel 4 der Globalen Nachhaltigkeitsagenda hat sich die Weltgemeinschaft dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2030 den Erwerb ausreichender Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten für alle Jugendlichen und für einen erheblichen Anteil der Erwachsenen sicherzustellen. Die UNESCO koordiniert die internationalen Aktivitäten zur Alphabetisierung und setzt eigene Programme um. Mit dem UNESCO-Institut für Lebenslanges Lernen (UIL) in Hamburg ist der zentrale Akteur für die Alphabetisierungsarbeit der UNESCO im Bereich der Erwachsenenbildung in Deutschland angesiedelt.
Weitere Informationen
6. September 2018, 18.00 bis 20.00 Uhr, Hamburg: Medienöffentliches Fachgespräch „Analphabetismus in Hamburg – Gibt’s den wirklich?“
Bildungsagenda 2030
Pressekontakt
Deutsche UNESCO-Kommission
Pressesprecherin
Katja Römer
Telefon: 0228-60497-42
E-Mail roemer(at)unesco.de